Beitrag von philistion Mi 31. Mär 2010, 22:07
Ödipus' Heimkehr zu den Göttern (nach der Hypothesis zum "Ödipus auf Kronos" von Sophokles)
Als Ödipus seine Schuld erkannt hatte (s. L.52), hatte er sich selbst geblendet und seine Heimat Theben verlassen.
Nachdem der elende Ödipus aus dem Vaterland vertrieben worden war, fand er sich als schon alter Mann in Athen ein, wobei er von der Tochter Antigone geführt wurde. Weil sich ihm nämlich eine Prophezeiung ereignet hatte, dass er das Leben bei den Göttinnen, die die Erhabenen heißen, verlassen werde, gehorchte er, damit er das Wohlwollen der Götter wieder erlange. Als er nun mit Antigone zum Heiligtum der Erhabenen gekommen war, setzte sich Ödipus dort hin, aber irgendein Bürger, der ihn sah, hinderte ihn vergeblich daran, dies zu tun: Wer auch immer nämlich das Heiligtum berühren sollte, verfällt in große Sünde. Sowohl die anderen, die herankamen, verwirrten den Greis als auch Kreon, der Tyrann über Theben war: Dieser nämlich wollte ihn entführen, damit seine Feinde ihm nicht überlegen sind. Aber Theseus, der König von Athen war, rettete ihn, weil er [Ödipus] so schändlich frech behandelt wurde und stand ihm zu Seite, als er gemäß göttlichem Schicksal die Ehre der Unsterblichen erlangte. Man hörte nämlich eine sehr laute Stimme sagen:
"O dieser, dieser, Ödipus, was zögern wir zu gehen?
Freilich schon lange wird (es) von dir hinausgezögert."
Sofort danach sah [erzähler. Präs.] man Ödipus nicht mehr.
Version: 5
Grammatik: -
Antworten zu den Textfragen:
Antigone, Theseus und die Schicksalsgöttinen
τί μέλλομεν χωρεῖν -> er ist 'aufgenommen', er darf mitgehen?
Ganz schön langer Text, aber mir scheinen diese Wiederholungslektionen eine sehr gute Übung zu sein, hoffentlich halten sich die Fehler diesmal in Grenzen..
Schönen Abend!
mfG
Beitrag von philistion Do 1. Apr 2010, 11:44
Danke Euripides!
Βλέπεται ist ja eigentlich Präs. MP, sind mediopassive Formen wie im letzten Satz meistens auch aktiv mit "man" wiederzugeben?
Beitrag von Medicus domesticus Do 1. Apr 2010, 13:20
Μεγάλη γὰρ ἀκούεται φωνὴ λέγουσα
Die Übersetzung mit "man" in der 3.Pers.Sg. Pass. bietet sich aus dem Zusammenhang bei den Passivformen der Verben des Sagens und der Wahrnehmung öfter mal an. Vergleiche mit dem Lateinischen:
dicitur ....man sagt...
auditur...man hört...
Gruß, Medicus
Beitrag von Quintus Do 1. Apr 2010, 15:18
Hallo amici,
meine Vorschläge:
Nachdem der unglückliche Ödipus nun aus dem Vaterland "gestürzt" war (ekpiptw mit Genitiv nach Gemoll auch ‚herausgejagt, vertrieben, gestürzt, verbannt werden: Nachdem der elende Ödipus aus dem Vaterland vertrieben worden war), fand er sich als schon alter Mann in Athen ein, wobei er von der Tochter Antigone geführt wurde. Weil ihm nämlich eine Prophezeiung (gemacht) wurde ( vll. gignomai nach Gemoll hier auch ‚sich erreignen‘, also: Weil sich ihm nämlich eine Prophezeiung ereignet hatte), dass er das Leben bei den Göttinnen, die die Erhabenen heißen, verlassen werde, gehorchte er, damit er das Wohlwollen der Götter wieder erlange. Als er nun mit Antigone zum Heiligtum der Erhabenen gekommen war, setzte sich Ödipus dort hin, aber irgendein Bürger, der ihn sah, hinderte ihn vergeblich daran, dies zu tun: Wer auch immer nämlich das Heiligtum berührt (in diesem Relativsatz steht ja ‚an‘ mit Konjunktiv, vll. passt hier ja ein eventuelles Konditionalverhältnis: Wer auch immer nämlich das Heiligtum berühren sollte), verfällt in große Sünde. Auch andere, die gekommen waren, machten den Greis unruhig, darunter auch Kreon, der Tyrann über Theben war (proserchomai nach Gemoll ‚hinzugehen, herankommen, sich nähern', te … kai = sowohl … als auch, also: Sowohl die anderen, die herankommen (proerchomenoi ist Partizip Präsens, daher würde ich mit Gleichzeitigkeit übersetzen), verwirren den Greis als auch Kreon, der Tyrann über Theben war): Dieser nämlich will ihn entführen, damit seine Feinde ihm nicht überlegen sind. Aber Theseus, der König von Athen ist, rettet ihn, weil er [Ödipus] so schändlich frech behandelt wird (,) und ist zusammen mit ihm bei den Schicksalsgöttinen, wobei er [Ö.] die Ehre der Unsterblichen erhält (vll. ‚suneimi‘ nach Gemoll auch ‚jem. zur Seite stehen, helfen, also: und steht ihm zu Seite, als er gemäß göttlichem Schicksal (kata mit Akk. = gemäß, moira = Schicksal, Verhängnis) die Ehre der Unsterblichen erlangt) . Man hört nämlich eine sehr laute Stimme sagen:
"O dieser, dieser, Ödipus, was zögern wir zu gehen?
Freilich lange (‚palai‘ nach Gemoll ‚schon lange‘, also: Freilich schon lange (…)) wird (es) von dir hinausgezögert."
Sofort danach sah [erzähler. Präs.] man Ödipus nicht mehr.
Viele Grüße,
Quintus
Beitrag von Quintus Mi 7. Apr 2010, 11:17
Hallo philistion,
philistion hat geschrieben:
und war zusammen mit ihm bei den Schicksalsgöttinen, wobei er [Ö.] die Ehre der Unsterblichen erlangte
ich will nicht kleinlich sein
, aber meiner Ansicht nach musst du folgendes noch in deiner Lösung verbessern:
Quintus hat geschrieben:
(vll. ‚suneimi‘ nach Gemoll auch ‚jem. zur Seite stehen, helfen, also: und steht ihm zu Seite, als er gemäß göttlichem Schicksal (kata mit Akk. = gemäß, moira = Schicksal, Verhängnis) die Ehre der Unsterblichen erlangt)
Viele Grüße,
Quintus
Beitrag von Glis Mo 21. Okt 2013, 13:33
Das ἑαυτοῦ kann sich nach meinem Verständnis nur auf das Subjekt des Satzes beziehen, also auf Kreon, der am Satzanfang mit οὕτος gemeint ist. Was Kreon sich genau von der Entführung verspricht, wird in diesem ausgesprochen unausführlichen Textabschnitt nicht deutlich.
Φύσις κρύπτεσθαι φιλεῖ.