Photon

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Re: Photon

Beitragvon Laptop » Mo 13. Sep 2010, 17:45

Und wie kann Schwerkraft, die ja bekanntlich weder aus Welle oder Teilchen besteht, in einem masselosen Raum wirken (über ein masseloses Medium hinweg Einfluß auf einen anderen Gegenstand ausüben)? Erklärungsversuch: indem sich der Raum krümmt. Aber wie kann sich etwas krümmen, daß keine Masse hat, also aus Nichts besteht? (Den Äther darf es ja nicht geben.)
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Re: Photon

Beitragvon Jens » Mo 13. Sep 2010, 20:50

Medicus domesticus hat geschrieben:Da bewegen wir uns schon in der Welt der Quantenmechanik...
Entscheidend ist der Welle-Teilchen-Dualismus, wobei Licht als elektomagnetische Strahlung Wellen oder Teilchencharakter haben kann. Das Photon leuchtet an sich nicht, sondern ist die kleinste energetische Einheit als "Energiepaket" (Lichtquantelung). Außerdem müssen wir sehen, dass das für uns sichtbare Licht nur ein kleines Spektrum in der elektromagnetischen Strahlung ist und die einzelnen Farben entsprechende Wellenlängen haben, die durch unsere Netzhaut im Auge erst als Farbe oder Licht sichtbar gemacht werden.


Wenn ich es richtig verstanden habe, dann löst die Lichtquantenhypothese den Welle-Teilchen-Dualismus ab. Licht ist zunächst Welle oder Teilchen, dann Welle und Teilchen (Welle-Teilchen-Dualismus), aber dann doch wieder weder Welle noch Teilchen (Lichtquantenhypothese).

Habe ich das so richtig verstanden?



Laptop hat geschrieben:Und wie kann Schwerkraft, die ja bekanntlich weder aus Welle oder Teilchen besteht, in einem masselosen Raum wirken (über ein masseloses Medium hinweg Einfluß auf einen anderen Gegenstand ausüben)? Erklärungsversuch: indem sich der Raum krümmt. Aber wie kann sich etwas krümmen, daß keine Masse hat, also aus Nichts besteht? (Den Äther darf es ja nicht geben).


Die Schwerkraft besteht vielleicht aus Gravitonen. Es gibt in Hamburg ein auf dem Michelson Interferometer basierendes Instrument zur Messung von Gravitationswellen bzw. Gravitonen. (Vielleicht kann man alles auf ein Teilchen zurückführen.)

Der Äther war ein Erklärungsversuch für die Ausbreitung von Licht als Welle, der aber nicht mehr gültig ist. Das Licht hat eine Masse (keine Ruhemasse), sonst würde Gravitation es nicht beeinflussen und es würde sich nicht mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Licht besteht aus gequantelter Energie. Da endet meine Vorstellung.
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Re: Photon

Beitragvon Laptop » Di 14. Sep 2010, 01:23

@Jens daß Licht Masse hat ist klar, sonst würde es nicht vom Schwarzen Loch verschluckt werden. Nur von Gravitonen habe ich noch nichts gehört, danke für diesen Denkanstoß!
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Re: Photon

Beitragvon Medicus domesticus » Di 14. Sep 2010, 12:44

Salvete,
Da muss man etwas ordnen. Jens hat recht, ein Photon hat keine Ruhemasse, da es ja mit Lichtgeschwindigkeit fliegt, sonst würde ja die Ruhemasse nach unendlich gehen. Licht hat aber Energie, die einzelne Photonenenergie beträgt E = h * ν. ....ist also von der Lichtfrequenz und vom Plank´schen Wirkungsquantum abhängig. Nach der berühmten Formel von Einstein E = m* c² ist die Energie des Lichts äquivalent zur Masse : E ~m, somit wird Licht aufgrund dieser Äquivalenz, auch ohne Ruhemasse des einzelnen Photons von einer größeren Masse abgelenkt (siehe berühmten Versuch der Ablenkung von Sternenlicht an der Sonne).

Welle-Teilchendualismus heisst beim Licht eigentlich nur, dass es sich manchmal als Welle oder auch manchmal als Teilchen verhält --> siehe berühmten Doppelspaltversuch mit nachfolgender Interferenz. Da verhält sich Licht eindeutig als Welle, aber beim photoelektrischen Effekt, den Einstein entdeckt hat, verhalten sich die Photonen als Teilchen. Also somit beide Eigenschaften möglich. In der Quantenmechanik sieht man diesen Phänomen häufig in der atomaren Ebene (siehe auch Doppelspaltversuch mit Elektronen oder mit den größeren Fulleren, die aus 60C-Atomen bestehen, und diese Einzelteilchen verhalten sich im Doppelspaltversuch auch wie Wellen). Der Doppelspaltversuch ist eine der Grundlagen der Quantenmechanik.

Eine schöne Materie....eine der Lieblingthemen meines Vaters, der Physik studiert hat.. :prof2:

Feynman, der sich ausführlich mit der Quantenmechanik beschäftigt hat, hat mal gesagt: "ich denke, ich kann davon ausgehen, daß niemand die Quantenmechanik versteht".
Das Problem an den Theorien ist auch, dass wir sie uns in unserer makroskopischen 3-D Welt nicht mehr vorstellen können.
@Laptop: Die Raumkrümmung und ihr Zusammenhang zur Gravitation ist seit Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie eine bekannte Tatsache, aber mathematisch keine einfache Materie.

Gruß, Medicus
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Re: Photon

Beitragvon philistion » Di 14. Sep 2010, 12:56

Ist der Welle-Teilchen-Dualismus nicht ein Beleg dafür, dass die uns zur Verfügung stehenden Erklärungsansätze nicht kohärent oder gar inkompatibel sind?

Oder tritt die Quantenmechanik nun in die Rolle der alles-vereinigenden Theorie?

Stephen Hawkings war ja auch immer auf der Suche nach einer Lösung dieser "Dualismen" in einem großen Erklärungsmodell, oder?

@Medicus: Wird eben diese Problematik in dem neu erschienenen Buch thematisiert?
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Re: Photon

Beitragvon Medicus domesticus » Di 14. Sep 2010, 13:26

Hallo philistion,
Nein, die Quantenmechanik ist eben keine allumfassende Theorie.Sie gilt für die Ebene der kleinsten Teilchen. Sie hat uns die Grenzen in der Beschreibung dieser Bewegungen im Mikrokosmos/atomarer Ebene gezeigt, da hier nicht die klassische Mechanik gilt. Wir können den Aufenthaltort eines Teilchen bestimmen, aber dann nicht exakt den Impuls und umgekehrt, somit können wir nur Wahrscheinlichkeiten angeben. In der Makroskopischen Ebene spielt diese Unschärfe keine Rolle, aber in der atomaren Ebene kleinster Teilchen (Heisenberg´sche Unschärferelation).

Eine allumfassende Theorie würde die Zusammenfassung der bekannten einzelnen Theorien in einer bedeuten: Quantenmechanik, Newton´sche Mechanik, Elektromagnetismus, Gravitation usw....in einer Theorie. Das hat auch Stephen Hawking versucht. Er ist aber davon abgerückt und in seinem Buch mehr der Anhänger einer M-Theorie, indem er meint, dass die vorhandenen Stringtheorien sich in ihrer Geltung überlappen und wie ein Puzzle zu einer Gesamtheorie zusammengefasst werden sollten. Er glaubt nicht mehr, dass eine Theorie alles beschreibt, sondern an eine Summe überlappender Einzeltheorien. An einer allumfassenden Theorie für alles ist auch Einstein und Heisenberg gescheitert.
Für manche abschreckend ist, dass Hawking die Philosophie für tot erklärt und das man keinen Gott zur Erklärung des Universums braucht. Aber dahingehend kennt man ja die Ansichten Hawkings als Wissenschaftler.....
Zur weiteren Info:
http://de.wikipedia.org/wiki/M-Theorie
http://news.bbc.co.uk/today/hi/today/ne ... 978820.stm
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Re: Photon

Beitragvon Laptop » Di 14. Sep 2010, 18:22

Tatsachen sind für den Philosophen keine Tatsachen, solange er sie nicht selbst eruiert hat. Glauben kann man viel. Erfahren einiges, aber nicht alles. Nachvollziehen ist eine Kunst. Wenn Licht aber mal Teilchen mal Welle sein soll, dann heißt das für mich, daß man die Realität nicht begriffen hat, was gibt es also nachzuvollziehen? Ich ein Anhänger der Theorie, daß Materie nur ein anderer Aggregatzustand des Äthers ist. Könnte es nicht sein, daß wir uns irren, wenn wir glauben, daß es ein “Nichts” gibt, einen “Raum” der keine Masse hat?
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Re: Photon

Beitragvon philistion » Di 14. Sep 2010, 22:25

Danke für die Ausführungen Medicus.

Aber die Stringtheorie bzw. M-Theorie ist ja bisher rein spekulativ, zumindest ist es aber noch ohne stichfeste Beweise, dass ein Quark wirklich aus eindimensionalen String-Objekten besteht, oder?
Wie stehst du persönlich zu dieser "Weltformel"?

Um meine Frage von vorhin noch einmal aufzugreifen: Ist der Welle-Teilchen-Dualismus und die komplexen Erweiterungen und das "Zusammenschustern" der verschiedenen Stringtheorien nicht ein Zeichen dafür dass wir einfach noch zu wenig wissen, es uns also noch an Erklärungsansätzen mangelt?
Wenn man in der Geschichte zurück blickt, wurden in den Naturwissenschaften schon oft irrige Annahmen gemacht, die später durch eine hieb- und stichfeste Theorie ersetzt wurden. Heute lernen das dann sogar Schüler im Physikunterricht.
Vielleicht ist in 50-100 Jahren das selbe der Fall und bei einer Physikmatura erklärt der Schüler sowohl die Gravitation als auch Photonen und Effekte im Alltagsraum mit einem kohärenten Ansatz?

Dass man keinen Gott zur Erklärung des Universums braucht, ist verständlich. Was mich aber daran stört, dass Hawkings die Philosophie für tot erklärt, ist der m.E. mit dieser Aussage verbundene begrenzte Blickwinkel. Fokussiert auf die Probleme der Physik, mag man diese Ansicht noch verstehen, aber die Welt besteht eben "nicht nur aus Physik". (Wobei Hawkings hier sicher widersprechen würde ;) )

Jeder kennt das von der Schule. Fast alle Lehrer sagen einem, dass gerade ihr Fach jenes sei, mit dem die ganze Welt zu erklären ist. Ob das nun die Mathematik, die Physik, die Biologie, die Chemie oder die Psychologie oder die Wirtschaft ist, viele Anhänger der jeweiligen Disziplinen haben oft den Blick fürs Ganze verloren und jeder erklärt die Welt nach seinem Maßstab, völlig vergessend dass dies eben nur eine Perspektive ist.
Zuletzt geändert von philistion am Mi 15. Sep 2010, 08:59, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Photon

Beitragvon Laptop » Mi 15. Sep 2010, 00:50

Richtig … und der Blick fürs Ganze ist Sache des Philosophen. Z.B. denke ich, daß es zweifelhaft ist von “eindimensionalen” Objekten zu sprechen, da die Einteilung in Dimensionen nur Kunstprodukte unseres Verstandes sind. Andere Dimensionen – außer der Dritten – in der Wirklichkeit zu vermuten grenzt in meinen Augen an jene Naivität, die für jeden Begriff ein Äquivalent in der Wirklichkeit sucht. Wenn es drei Dimensionen geben sollte, warum dann nicht beliebig weitere? Wo ist Schluß? Nach fünf, sechs, sieben Dimensionen? Wenn Physiker anfangen zu phantasieren ist der Philosoph gefragt. In meinen Augen sollte man einfach mal zugeben: “das verstehen wir nicht”. Stattdessen wuchern vage Theorien ohne Beweisgrundlage. Wie gesagt glauben kann man viel, und ich glaube z.B. an den Äther und nicht an Einstein. Vielleicht stimmt es nicht, aber das amtliche Weltbild ist auch nicht gerade überzeugend.
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Re: Photon

Beitragvon Jens » Mi 15. Sep 2010, 16:10

Laptop, weißt du zufällig, wie eine einzelne Person, die Mathematiker, Physiker und Philosoph ist, das sieht? (Nicht alles beruflich, aber alles studiert. Vielleicht mit Physik oder Mathe als Hauptfach).

Sicherlich stimmt es, dass es eine Frage des Glaubens ist. Was wir glauben, erforschen wir weiter und, was Teil unserer Gedanken wird, kann erforscht werden. Vielleicht ist es wichtig, dass es für jede bestehende, auch für nicht auf den ersten Blick einleuchtende, Theorie einen gibt, der ihr anhängt und nacheifert. So kommt man dann vielleicht irgendwann zu einem Ergebnis, da niemand alle Theorien im Auge behalten kann. Auch keine ,,allumfassenden" Philosophen.

Wenn ein Philosoph mit Worten einen zumindest logisch richtigen Beweis findet, kann dieser dann als allgemein anerkannte Theorie in der Physik gelten?
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Re: Photon

Beitragvon Clemens » Mi 15. Sep 2010, 20:47

Man sollte vielleicht ganz am Anfang ein bisschen darüber nachdenken, was man sich von Naturwissenschaft oder Physik erwarten darf und was nicht.

Die griechischen Naturphilosophen haben ihrer Phantasie freien Lauf gelassen und durch Spekulation manch abstruse und manch überraschend treffende Idee gehabt. Im Mittelalter zogen viele es vor, naturwissenschaftliche Fragen überhaupt nicht durch eigenes Nachdenken sondern durch die Konsultation diverser (meist antiker) Autoritäten zu klären.

Mit Beginn der Neuzeit sind wir etwas nüchterner geworden. Wir begegnen heute in der Physik der Natur an zwei (drei) Fronten: experimentell, theoretisch und durch Computersimulation mit einem Ziel, nämlich quantitativen Modellen, die die Wirklichkeit möglichst genau beschreiben.

Quantitativ meint hier, dass man im Rahmen der Theorie den Ausgang (die erhaltenen Zahlenwerte) eines Experiments voraussagen können soll.
Unter der Wirklichkeit versteht man, fernab von philosophischen Überlegungen, diejenigen Dinge, die man mit geeigneten Geräten (oder auch den Sinnen) messen kann.

Wenn wir also vor einer Theorie der Physik stehen, sehen wir uns einem Modell gegenüber, das auf bestimmten, nicht weiter logisch ableitbaren Annahmen (Postulaten) beruht, von denen ausgehend mit Hilfe der Mathematik (und damit der Logik) Schlussfolgerungen über konkrete physikalische Systeme (beispielsweise ein Pendel, ein Atom, einen Atomkern, usw.) gezogen werden. Eine Theorie ist gut, wenn sie quantitativ ist (also erlaubt, Ausgänge von Experimenten vorauszusagen. Damit ist sie auch eindeutig widerlegbar, wenn das Experiment anders ausgeht.) und möglichst einfach ist.

Solch eine Theorie kann Gültigkeitsgrenzen haben. Nehmen wir als Beispiel die Newton'sche Mechanik. Im Größenbereich von Metern (und ein paar Zehnerpotenzen rund herum), weit weg von großen Massen und bei Geschwindigkeiten, die klein sind im Vergleich zur Lichtgeschwindigkeit, also in der Umgebung unseres Alltags, beschreibt die Theorie die Bewegung von Körpern ganz ausgezeichnet.
Außerhalb ihrer Gültigkeitsgrenzen stoßen die Newton'sche Mechanik und Gravitation aber auf ernste Widersprüche und stehen (gemeinsam mit der klassischen Elektrodynamik) nicht mehr im Einklang mit den Experimenten.
Also muss eine neue Theorie mit einem größeren Gültigkeitsbereich gefunden werden, die die alte, in ihren Grenzen bewährte, als Grenzfall enthält. Solche Theorien sind die Relativitätstheorie und die Quantenmechanik.

Vor diesem Hintergrund möchte ich zu den hier aufgeworfenen Fragen ein paar Anmerkungen machen:

Ist der Welle-Teilchen-Dualismus nicht ein Beleg dafür, dass die uns zur Verfügung stehenden Erklärungsansätze nicht kohärent oder gar inkompatibel sind?

Der Welle-Teilchen-Dualismus ist ein vielbemühtes Bild, aber man muss sich etwas Wichtiges vor Augen halten:
Quantenobjekte, also Atome, Elektronen sind unvorstellbar klein, wobei unvorstellbar wörtlich zu nehmen ist. Als man also begann, sich mit dieser mikroskopischen Welt zu befassen, stellte man sich diese Objekte vor, als wären sie aus unserer makroskopischen Alltagswelt. Aber nichts berechtigt einen dazu von vornherein anzunehmen, etwas so kleines, das außerhalb der Gültigkeitsgrenzen der Newton'schen Mechanik existiert, verhalte sich wie ein kleines Kügelchen, das eben jener Mechanik folgt. Genauso kann man nicht einfach annehmen, es verhalte sich wie die uns bekannten Wasserwellen.
Zum großen Glück der Physiker kann man Experimente so designen, dass eine der beiden Wesensarten bei den Quantenobjekten zum Vorschein kommt und die andere nicht. So konnten die altbekannten Konzepte als Hilfe bei der Formulierung der neuen Theorie dienen.
So war man über diverse Stationen in der Lage, zu postulieren, dass Quantenobjekte wie Elektronen durch Wellenfunktionen beschrieben werden, dass die Zeitentwicklung der Wellenfunktion durch die Schrödingergleichung bestimmt ist, und schließlich, dass das Betragsquadrat der Wellenfunktion die Aufenthaltswahrscheinlichkeit für das Quantenobjekt angibt.

Wenn man sich jetzt also den Doppelspaltversuch mit Elektronen ansieht, nimmt man die Wellenfunktionen, erhält ihre zeitliche Entwicklung durch die entsprechende Schrödingergleichung und sieht am Ende das bekannte Interferenzmuster als Aufenthaltswahrscheinlichkeiten.

Dass sich etwas unvorstellbar Kleines also nicht genau wie ein Newton'sches Kügelchen (oder eine Welle) verhält, beunruhigt heute keinen mehr. Man muss sich eben mit seiner begrenzten Vorstellungskraft abfinden.

Die Quantenmechanik ist in den letzten 80 Jahren auf alle nur erdenkliche Weisen in immer neuen Experimenten überprüft worden (dabei waren auch sehr subtile, wie die Fragen der Bell'schen Ungleichungen oder die Experimente von Alain Aspect) und ihre Vorhersagen haben immer standgehalten. Das macht sie zu einer guten und überaus erfolgreichen Theorie und es ist müßig (zumindest für den Physiker, nicht unbedingt für den Philosophen), darüber nachzudenken, ob die Natur jetzt wirklich (was auch immer das heißen mag) so ist.

Zum Äther:

Die Ätherfrage ist ein gutes Beispiel zur Theoriebildung. Man kannte aus der Alltagswelt Wasserwellen und die brauchen ein Medium, um sich auszubreiten. Als man erkannt hatte, dass es auch elektromagnetische Wellen gibt, musste man sich natürlich die Frage stellen, in welchem Medium diese schwingen. Aber je weiter man diese Idee verfolgte, desto unüberwindlicher wurden die Schwierigkeiten damit. Experimente wie das von Michelson und Morley und das von Fizeau brachten die Äthertheorie in Erklärungsnot.
Die Relativitätstheorie konnte schließlich alle experimentellen Ergebnisse mit wenigen Annahmen richtig beschreiben und darüberhinaus hielt sie großen Bemühungen, sie zu widerlegen, stand.

Wer also den Äther wieder einführen will, kann das nur, wenn er eine quantitative Theorie vorlegt, die genauere, umfassendere Vorhersagen als die Relativitätstheorie liefert (und noch dazu ev. mit weniger Annahmen auskommt). Das haben sehr viele Physiker versucht und sind gescheitert, ob das so bleibt, wird die Zukunft zeigen. Allerdings hat zumindest die Vergangenheit gezeigt, dass eine Theorie durch neue Ideen abgelöst werden kann, nicht durch alte.

Wenn Physiker anfangen zu phantasieren ist der Philosoph gefragt.

Da ist nach naturwissenschaftlicher Auffassung das Experiment gefragt und nicht noch einer mehr, der nur "phantasiert". ;-)

In meinen Augen sollte man einfach mal zugeben: “das verstehen wir nicht”. Stattdessen wuchern vage Theorien ohne Beweisgrundlage.

Das tut man und zwar recht häufig. Es gibt einige große Problemstellen, die man mit den bestehenden Theorien nicht erklären kann. Was dann wuchert, sind allerdings keine vagen Theorien, sondern Hypothesen, die versuchen neue Ideen zu liefern, die in Zukunft im Experiment erhärtet oder widerlegt werden können. Solche Hypothesen aufzustellen, ist aber nicht gerade einfach, da muss man erstens einiges ausprobieren und zweitens braucht es auch den berühmten Geistesblitz, den man nicht erzwingen kann...
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Re: Photon

Beitragvon Medicus domesticus » Mi 15. Sep 2010, 21:19

@Clemens:
Sehr gut zusammengestellt... :) (da wird sich mein Vater, der Physiker, freuen)
Laptop hat geschrieben:In meinen Augen sollte man einfach mal zugeben: “das verstehen wir nicht”. Stattdessen wuchern vage Theorien ohne Beweisgrundlage.

Dazu möchte ich noch sagen:
Dann wäre man kein Wissenschaftler....ein Physiker will Unverstandenes verstehen lernen, davon lebt die Physik. Theorien werden aufgestellt und verworfen, aber dann kommen solche Geistesblitze wie Maxwell oder später auch Einstein, oder Heisenberg, Schrödinger... und revolutionieren die Physik.....

Stephen Hawking habe ich expressiv dargestellt. Ich bewundere ihn nicht nur, weil er seine Krankheit so meistert, sondern weil er in die Physik Ideen bringt....(obwohl ich Richard Feynman als den herausragenden Physiker nach Einstein bisher sehe.) Stephen Hawking hat viele Impulse gebracht, aber den "Geistesblitz" haben wir bis jetzt noch nicht. Die M-Theorie als allumfassende Theorie sehe ich persönlich (Frage von philistion) auch noch nicht als Lösung, aber das wird die Zukunft zeigen.
Wichtig ist, was Clemens im Prinzip gesagt hat:
Eine gute Theorie sollte die Dinge in ihrem Gebiet exakt beschreiben, experimentell sich bestätigen und Voraussagen treffen können. Schön wäre eine Einfachheit, aber dafür ist unsere Natur zu komplex.
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Re: Photon

Beitragvon Clemens » Do 16. Sep 2010, 17:43

Noch eine kleine Anmerkung:

Populärwissenschaftliche Bücher, auch wenn sie von namhaften Experten geschrieben sind, geben zumindest in meinen Augen keinen wirklichen Einblick in die Physik, wie man arbeitet, wie man denkt. Im schlimmsten Fall stiften sie mehr Verwirrung als dass sie erhellen.
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Re: Photon

Beitragvon philistion » Fr 17. Sep 2010, 23:10

Zum Thema fällt mir auch eine nette Diskussion zwischen dem Physiker Harald Lesch und dem Philosophen Willhelm Vossenkuhl ein, es geht um Albert Einstein: http://www.br-online.de/br-alpha/denker ... 424654.xml
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Re: Photon

Beitragvon Medicus domesticus » Sa 18. Sep 2010, 12:31

Clemens hat geschrieben:Noch eine kleine Anmerkung:

Populärwissenschaftliche Bücher, auch wenn sie von namhaften Experten geschrieben sind, geben zumindest in meinen Augen keinen wirklichen Einblick in die Physik, wie man arbeitet, wie man denkt. Im schlimmsten Fall stiften sie mehr Verwirrung als dass sie erhellen.


Das stimmt, aber das ist ja auch nicht der Sinn der Bücher. Sie sollen ja für eine breite Öffentlichkeit verständlich bleiben. Man kann einem Laien nicht z.B. die Schrödinger-Gleichungen vorlegen, da er dann gar nichts versteht. Mein Vater hat in seiner Uni und Forschungszeit im Bereich der Röntgenstrukturanalyse an Kristallen gearbeitet, daher weiß ich wie mühsam Grundlagenforschung sein kann.
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