Seit bald vierzig Jahren - der Film "Shining" kam 1980 ins Kino - schimpft King leidenschaftlich über den irren Kubrick, der sein Buch falsch verstanden habe und ihm zudem während der Produktionsphase brutal auf die Nerven gegangen sei. Besonders schön seine Auslassungen dazu in einem legendären Interview mit dem Playboy:
"Ich weiß noch, wie Kubrick mich einmal um sieben Uhr morgens anrief und fragte, ob ich an Gott glaube. Ich wischte mir den Rasierschaum vom Mund, dachte kurz nach und sagte: Ja, ich denke schon. Kubrick antwortete: Nein, ich glaube nicht, dass es einen Gott gibt - und legte einfach auf."
SZ 21.11.2019
Salute, Prudentius!
(1) Fideismus
Dass eine Gottesdiskussion keine belastbaren Ergebnisse bringen kann und dass sie oft Seltsamkeiten wie bei Kubrick generiert, das wissen wir. Dass es überlegenswert ist, statt rationaler Beweisführungsversuche, den "Sprung in den Glauben" (Kierkegaard, Williams) zu wagen und zu empfehlen, steht außer Frage. Hier ein Beispiel - aber (siehe 2):
https://www.youtube.com/watch?v=Z_lVfBwmNjM
Change in my life
Standing cold and scared on top of blue hill
There came one moment when I lost my will
I prayed for mercy, please don't send me away
O give me sunshine, where I only see gray
The past had a hold on me and it can't be denied
And the change didn't come easily
Chorus:
I've been lonely, I've been cheated, I've been misunderstood
I've been washed up, I've been put down and told I'm no good
But with You I belong 'cause You help me be strong
There's a change in my life since You came along
Whoa-oh-oh, whoa-oh, yeah
Now I don't mind working so hard everyday
And I don't pay no mind to what people say, no, no
Cause after all the pain that I've been through
I'd give up everything just to love only You
All my life I held my head bent in shame
But now I found You, and with You I'll remain
Don't you know
Repeat Chorus
Now a man gets crazy (when his life is on hold)
And a heart gets weary (when it doesn't belong)
When the road gets rocky (well you've got to keep on
Let the new life keep shining over you)
Don't you know that
Repeat Chorus
Now a man gets crazy (when his life is on hold)
And a heart gets weary (when it doesn't belong)
When the road gets rocky (well you've got to keep on
Let the new life keep shining over you)
Don't you know that
Repeat Chorus (Variations … Feel the power around me …)
Pass me not
Words: Fanny Crosby, 1868; first appeared in Songs of Devotion, by Howard Doane (New York: 1870).
(2) Gegenüberlegungen
Andererseits läuft hier - so kann man es verstehen - eine eher scholastische Debattenübung.
Und: Der prärationale, rationalitätsvermeidende Fideismus ist nicht selten mit einem fundamentalistischen und aggressiven Anteil konfessionellen Denkens verknüpft (und bedauerlich). Die rationalen Überlegungen haben zumindest den nicht geringen Vorteil, bibelorientierte ethische Grässlichkeiten zu mindern oder zu meiden:
Das ferne Europa trägt die Konflikte zwischen Protestantismus und Katholizismus im Dreißigjährigen Krieg (Deutschland) aus. Jede Konfession hält die Anhänger der anderen Konfession für „ungläubig“ und deren Überzeugung für Teufelswerk. Dabei stützt sich jede Konfession auf die Bibel und verwandte "Heilige Schriften" und deren jeweils unterschiedliche Auslegung.
Aber die Schrecken des Krieges erschüttern die Macht des religiösen Denkens. Einflussreiche Wissenschaftler behandeln kritisch die Bibel und ihre Wunder. Der Konfessionalismusstreit erscheint vielen als übertrieben, als typisch dunkles Mittelalter. Als blinder Gehorsam gegenüber der eigenen Kirche.
Zunehmend wird die Religion Privatsache, die Kirchen werden zurückgedrängt. Das „Enlightment“ (die Aufklärung) wendet sich gegen eifernden Konfessionalismus.
In der Säkularisation müssen die Kirchen ihre Besitztümer aufgeben. Der „laizistische Staat“ gewinnt die Oberhand.
Eifernder Konfessionalismus:
Gegenwart:
Vergangenheit: Lessings Drama „Nathan der Weise“. Die Abkehr vom harten Fundamentalismus.
Recha, die Pflegetochter des reichen und weisen Juden Nathan wird von einem Templer (Kreuzritter) aus dem brennenden Vaterhaus gerettet. Im ersten Akt (I, 2) des Dramas kommt es zu einer Debatte über die Rettung Rechas aus dem Feuer.
Sie weiß zwar, dass der Retter ein Templer gewesen sein soll. Aber andererseits vermutet sie, der Retter sei ein Engel gewesen, es liege und das übernatürliche Eingreifen Gottes (Wunder1) vor. Nathan hält mit natürliche Erklärungen dagegen.
Er insistiert darauf, dass Mitleid des Retters, Hilfsreflexe, Verwandtschaftsgefühle der Menschen untereinander und ähnliches eine hinreichende Erklärung sind. Religiöses „Schwärmen“ – so Nathan - ist sympathisch, sollte aber nicht das letzte Wort haben, der Templer sei sicher nur in übertragener Weise als „Engel“ zu bezeichnen.
Recha.
Nicht so ein Engel; nein! ein wirklicher;
Es war gewiß ein wirklicher! - Habt Ihr,
Ihr selbst die Möglichkeit, daß Engel sind,
Daß Gott zum Besten derer, die ihn lieben,
Auch Wunder könne tun, mich nicht gelehrt?
Ich lieb ihn ja.
Nathan. Und er liebt dich; und tut
Für dich, und deinesgleichen, stündlich Wunder;
Ja, hat sie schon von aller Ewigkeit
Für euch getan.
Recha. Das hör ich gern.
Nathan. Wie? weil
Es ganz natürlich, ganz alltäglich klänge,
Wenn dich ein eigentlicher Tempelherr
Gerettet hätte: sollt' es darum weniger
Ein Wunder sein? - Der Wunder höchstes ist,
Daß uns die wahren, echten Wunder so
Alltäglich werden können, werden sollen.
Ohn' dieses allgemeine Wunder, hätte
Ein Denkender wohl schwerlich Wunder je
Genannt, was Kindern bloß so heißen mußte,
Die gaffend nur das Ungewöhnlichste,
Das Neuste nur verfolgen.
• In solch aufklärerischer Kritik findet sich ganz oft wissenschaftliches, empirisch orientiertes Denken, das sich gegen vorschnelle metaphysische Erklärungen durchsetzen will. Eine Art von modernem „Occamschen-Razor-Denken“. Dabei lagern sich verdeckt – das ist eine interessante Erweiterung —fundamentalismuskritische Argumentationen an.
• Solcher fundamentalistische Konfessionalismus hält Glaubenswechsel oder gar Skeptizismus oder Atheismus oft für verdammenswerte „Apostasie“, für „Abfallen von Gott“ und für ein todeswürdiges Verbrechen gegen Gott und seine auserwählte Gefolgschaft. Dies bedeute eine Stärkung der „Gottlosen“, seien sie nun einer anderen, also einer „falschen“ Religion verpflichtet oder gar keiner Religion.
Also ist Abfall vom rechten Glauben ein überaus schlimmes Verbrechen, das jede Art der Abwehr legitimiert. Man vergleiche etwa die Diskussion zwischen Tempelherrn und Patriarch im „Nathan“: Der Jude, der ein verwaistes Christenmädchen aufgenommen hat, muss auf den Scheiterhaufen. Er hat das Kind der wahren Religion entfremdet . Sei es nun, dass er es jüdisch aufgezogen hat. Sei es, dass er es in einer universalen, konfessionsüberschreitenden, deistischen Religion aufgezogen hat. Er gehört auf jeden Fall auf den Scheiterhaufen.
• David Hume und andere versuchen mit ihrer Skepsis gegenüber „übernatürlichen Wundern” und gegenüber dem Modell eines persönlichen, eingreifenden Gottes den fundamentalistischen, orthodoxen, monopolbeanspruchenden Konfessionalismus auszubremsen.
• Dieser hat eine fast notwendige Voraussetzung: Wunderberichte in den Heiligen Schriften. Wunder im aktuellen Umfeld, etwa bei von Gott auserwählten Vertretern bestätigen nämlich, dass die Gruppe und ihre Führer in Gott einen treuen, mächtigen Alliierten haben und dass andere Gruppen solche Auserwähltheit zu Unrecht beanspruchen.
Material findet sich bei Warburton (1998), Dierse (1998), Gawlick (1972), Grätzel/Kreiner (1999), Richard Dawkins (2008) und Christopher Hitchens (2008).
(3) Bonustrack:
Brecht/Weill (Oh, heavenly salvation) (Song aus Mahagonny)
https://www.youtube.com/watch?v=G51yhnmB27c
O heavenly salvation
Our precious city has been spared
The storm has passed
And vanished above us
The storm has ended
And death steps back
into the waters Once more
O heavenly salvation
O heavenly salvation
O heavenly salvation
O heavenly salvation
O heavenly salvation
Our precious city has been spared
The storm has passed
And vanished above us
The storm has ended
And death steps back
into the waters Once more
O heavenly salvation
O heavenly salvation
O heavenly salvation
O heavenly salvation
greetse
Thrasybulus