von philistion » Sa 30. Okt 2010, 15:47
Mir scheint, dass dieser Sprung vom Schulabschluss zum aktiven Weiterbilden oder praktischem Anwenden sehr groß ist.
Ich habe auch das Gefühl, dass sich die meisten Anfänger-Angebote wirklich nur auf das Erlangen des Latinums beschränken, was sehr schade ist. Es sollte doch auch für Menschen interessant sein, aus anderen Gründen Latein zu erlernen, als nur deshalb weil es fürs Studium vorgeschrieben ist.
War es nicht noch vor einem Jahrhundert noch so, dass sehr viel vom Deutschen ins Lateinische übersetzt wurde und die Sprache generell aktiver gelehrt wurde als heutzutage? (Die Didaktik mag damals auch nicht perfekt gewesen sein, zumindest aber wurde erkannt, dass ein aktives Beherrschen der Formen auch für die passiven Fertigkeiten von großem Nutzen ist)
Wenn ja, wie kann es sein, dass sich die Fachdidaktik immer noch mehr auf Passivität konzentriert? Liegt es daran, dass der tiefere Sinn von Latein gar nicht oder nur mehr sehr oberflächlich gesehen wird und es heute hauptsächlich darum geht, Sprachkompetenz im Übersetzen und Verstehen zu erlangen, es also nur noch aus sekundären Anlässen (Vorteile beim Fremdsprachenerwerb, Verstehen der eigenen Grammatik, Herleiten von Wortstämmen, ..) gelehrt wird, die primären Vorteile aber immer weiter in den Hintergrund rücken?
Ein Problem, die Sprache aktiv zu lehren, wird oft darin gesehen, dass moderne Begriffe nicht oder nur umständlich ausgedrückt werden können. Aber das muss man ja meines Erachtens gar nicht können, es reicht doch wenn man sich in die Zeit der Römer hineinversetzt und aktiv über Dinge spricht, die heute wie damals große Bedeutung haben und auch dementsprechend gut ausgedrückt werden können.
ἓν οἶδα ὅτι οὐδὲν οἶδα