Salvete,
eigentlich hätte man darauf im Vorfeld hinweisen müssen - leider habe ich nicht daran gedacht ...
In der vergangenen Woche habe ich an einer Lateinwoche in Norditalien teilgenommen (unter dem Titel THALIA = "Theatri Artisque Ludicrae Iuges Agones"), wie man sie mittlerweile v.a. im Sommer in vielen Ländern erleben kann: Mit Kursen/Vorträgen, Besichtigungen, gemeinsamem Essen/Kneipenbesuch etc. - alles auf Latein.
https://www.scholahumanistica.com/events/thalia/
Das Besondere - und vielleicht fast Historische - an diesem Event war, dass das Ganze verbunden war mit einem lateinischen "certamen scaenicum". Insgesamt sechs (bzw. sieben) Gruppen führten jeweils abends lateinische Stücke auf und durften auf (teilweise sogar erstaunlich hoch dotierte) Preise hoffen.
Die Theatergruppen setzten sich v.a. aus Polen / Deutschen (meine eigene), Spaniern, Italienern und Belgiern zusammen. (Die Teilnehmerschaft, die "nur" spectatum angereist war, war naturgemäß noch deutlich internationaler zusammengesetzt.)
Besonders atemberaubend - und entsprechend ausgezeichnet - waren folgende Acts:
- Die belgische Schola Nova (Vorstellungsvideo: https://www.youtube.com/watch?v=oywnA_nKpDg&t=4s), in der sehr viel Latein und ein bisschen Altgriechisch gesprochen (!) wird, brachte ein höchst kreatives und unglaublich lebendiges Stück auf die Bühne - mit unzähligen Schülerinnen und Schülern.
(Nebenbei war es für mich ein Erlebnis, mich nicht nur mit den (mittlerweile) vielen jungen Lehrern, sondern auch mit vielen der Kinder und Jugendlichen tatsächlich auf Latein unterhalten zu können.
- Mein absolutes Highlight: Eine Gruppe aus drei jungen Lateinern um die 30 aus Italien und Deutschland/Russland (vielleicht kennt jemand von YouTube Marina Garanin) bot mitreißende MEDEA in antiken Versmaßen (v.a. in jambischen Trimetern, aber auch einem Exorzismus in Galliamben!), verfasst vom Altphilologen und Ägyptologen Stefano Vittori. Alles so antik und gleichzeitig so lebendig und teilweise innovativ (vgl. Galliamben, fremdsprachige Passagen)! Es lag etwas von immortalitas über dem Theater. ERGRIFFEN hat mich nicht nur die Performance v.a. der Medea (Marina) und der Kinderstimmen (gesprochen von Stefano, abgespielt vom Band), sondern gleichzeitig das Erlebnis, dass eine solche Tragödie auch heute noch geschrieben und aufgeführt werden und die Zuschauer so dermaßen in ihren Bann schlagen kann! Alle waren danach regelrecht "geflasht", sogar den anwesenden Kindern und Jugendlichen konnte man das anmerken, die sicher vom Text selbst nicht viel verstanden hatten. Ein Jammer für jeden Latinisten, der diesen Abend nicht erleben durfte!
Meine Beschreibung ist natürlich nur ein Abglanz dieser Woche, aber ich wollte es euch doch nicht vorenthalten.
Curate, ut valeatis!
ille / Christianus