mystica hat geschrieben:Poeta Vergilius est nec deus nec homo integer!
Wenn man den Vergil als integren Menschen retten und vor der Ehrbeschneidung der Morallosigkeit retten wöllte, so müsste man
a) sein Leben dieser kategorialen Verengung auf das eine Werk und darin zugespitzt die eine Stelle des Herrscherlobs hin entziehen und seine Werkleistung wieder breiter und in dem damals historischen Moment betrachten und nicht teleologisch auf das, was sich historisch später ergeben hat.
So wäre die literaturwissenschaftlich anerkannte Vorgehensweise.
b) den politischen Zustand, der mit Augustus eingetreten ist aus Gründen der Ausgewogenheit auch unter einem positiven Blickwinkel betrachten: Frieden für die Bürger und Künstler, Ende der senatorisch-adligen Privatkriege. Unvergleichbarkeit der realpolitischen Republik mit republikanischen Werten oder unserer heutigen Vorstellung von Republik. Welche eintretenden Verhältnisse und Hoffnungen hat Vergil mit Augustus verbunden und gepriesen? Hier sind (Sozial)Historiker gefordert. Hier sind Kriterien gefordert. Wem hat es genützt, wer musste kürzer treten.
c) müsste man das Verhältnis zwischen den Menschen als grundsätzlich voneinander abhängig betrachten und damit auch das Herrscherlob relativieren. Das ist ein anthropologischer, zeitenübergreifender Aspekt.
d) in Betracht ziehen, dass die Verfasserin dieser Herabsetzung grundsätzlich Dichter ablehnt und kein Argument zu ihren Gunsten bereit ist zu dulden:
viewtopic.php?f=11&t=46933#p365437mystica hat geschrieben:Errare malo cum Platone divo quam cum istis poetis vera sentire.
Die Gründe liegen mutmaßlich an ihrer Suche nach absoluter Wahrheit und Unterordnung jeder Kunst unter eine absolute Wahrheit. Vermutlich wird es also immer wieder zu Zusammenstößen kommen, da ein Kunstwerk selber von der Anlage her vielfältig lesbar ist, sowie die oben genannten Wissenschaften hochgradig relativistisch geworden sind. Gegen Relativismus jedweder Art anzukämpfen hat sich die Hochschule Heiligenkreuz verschrieben.
https://www.stift-heiligenkreuz.org/ein ... -04-06-12/ Und mystica ist eine sehr gute Studentin und ergo wird sie immer strategisch kategorial verengen und tadeln, was sich nicht der Suche nach absoluter Wahrheit unterordnet und sich niemals mit der Vorläufigkeit von Erkenntnissen, ihre Abhängigkeit von den Umständen und Lesarten zufrieden geben und an einer breiten Diskussion ohne anschließende Verengung auf ein katholisch-moralisches Urteil auf Grundlage einer absoluten Wahrheit nicht interessiert sein.
Vergil ist mir genauso gleichgültig ist seiner moralischen Rettung wie Odinus Thorus, der kleine Quatschkopf von der Diskussionswiese im Vorhof des Heiligtums. Mir ist an einer ergebnisoffenen und erkenntnissreichen Diskussion gelegen, ohne moralische Zielvorgabe und von vorneherein geplante Herabsetzung des Gegenstandes.