Plinius epistulae 9.1

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Plinius epistulae 9.1

Beitragvon gulf » Di 2. Jul 2013, 19:22

Salvete,

ich bräuchte bitte Hilfe zu drei Sätzen aus der Epistel 9.1 von Plinius, mit denen ich mich unglaublich schwer tue :sad: Es geht um Veröffentlichungen über Tote.

1. Erit autem, si notum aequis iniquisque fuerit non post inimici mortem scribendi tibi natam esse fiduciam, sed iam paratam editionem morte praeventam.

(So?) wird es aber sein, wenn es Freunden und Feinden bekannt geworden sein wird, dass dir nach dem Tod des Feindes nicht das Vertrauen geboren worden ist, sondern durch den Tod die schon vorbereitete Herausgabe verhindert worden ist. :?

Erit autem bekomme ich nur ganz schlecht unter.
notum fuerit löst einen AcI aus?

2. Nam, quod de vivente scriptum, de vivente recitatum est, in defunctum quoque tamquam viventem adhuc editur, si editur statim.

Denn, was über den Lebenden geschrieben wurde, wurde über den Lebenden vorgetragen, so wird auch gegen den Verstorbenen wie gegen den Lebenden bis dahin herausgeben, wenn es sofort herausgegeben wird. :?

3. Sed iam videatur et tibi, cuius cunctationem nec res ipsa desiderat et temporis ratio praecidit.

Aber möge es auch dir nun (so?) scheinen, dessen Zögern weder die Sache selbst erfordert und der Zeitumstand verbietet. :?
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Re: Plinius epistulae 9.1

Beitragvon Prudentius » Mi 3. Jul 2013, 09:53

Veröffentlichungen über Tote.


"eine Veröffentlichung über einen soeben verstorbenen Gegner"

Erit autem bekomme ich nur ganz schlecht unter.


Das musst du eng an das vorhergehende anschließen, da geht ein Wunsch voraus: "Möge dir das Ansehen der Beständigkeit erhalten bleiben", also: "So wird es auch sein".

bekannt geworden sein wird


umständlich: "bekannt wird".

das Vertrauen geboren worden ist


"Vertrauen entsteht" sagen wir lieber; du lässt ja das scribendi weg, dadurch bekommst du den Sinn nicht in den Griff. Er wehrt sich gegen eine mögliche Häme der Gegner: "Du machst erst den Mund auf, nachdem er gestorben ist!"

notum fuerit löst einen AcI aus?


Ja.

Aber möge es auch dir nun (so?) scheinen


Auch hier kannst du es verstehen, wenn du es eng an das vorhergehende anschließt.

weder die Sache selbst erfordert und


"weder - und" gibt es nicht: "zwar nicht - aber".

"Gegner", nicht Feind, es ist (war) ja ein Dialog-Partner.

Gruß P. :)
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Re: Plinius epistulae 9.1

Beitragvon gulf » Mi 3. Jul 2013, 22:03

Erstmal danke ich dir Prudentius, dass du dich mal wieder meiner Sache annimmst! ;)

Prudentius hat geschrieben:
Veröffentlichungen über Tote.


"eine Veröffentlichung über einen soeben verstorbenen Gegner"

Sorry, Veröffentlichungen über Tote war die Überschrift in meinem Aschendorff Text ;)

das Vertrauen geboren worden ist


"Vertrauen entsteht" sagen wir lieber; du lässt ja das scribendi weg, dadurch bekommst du den Sinn nicht in den Griff. Er wehrt sich gegen eine mögliche Häme der Gegner: "Du machst erst den Mund auf, nachdem er gestorben ist!"

Sorry habe das scribendi beim Tippen ganz unterschlagen... Es ist mir natürlich nicht entgangen ;) Insgesamt verstehe ich allerdings den ganzen Sinn hinter dem Text nicht... Wieso sollte er die Bücher überhaupt herausgeben? Was würde es für einen Unterschied machen, ob die Veröffentlichung nach dem Tod oder vor dem Tod passieren würde, handelt es sich um Schmähschriften?

Ich paraphrasiere auch lieber mal kurz den Text, weil die Sache es zu erfordern scheint:
Plinius ermahnt seinen Freund, dass er möglichst schnell die Bücher herausgebe, zumal der Dialogpartner (Gut zu wissen, dass es ein Dialogpartner war) nun gestorben sei. Zwar habe er ja vielen aus den Büchern vorgetragen aber Plinius fürchtet dennoch, dass irgendjemand denken könnte, das sein Freund erst nach dem Tod des Dialogpartners begonnen habe sie zu schreiben, obwohl dieser sie schon zu dessen Lebzeiten begonnen habe. (Was genau ist nun an dieser Stelle mit dem Ansehen der Beständigkeit gemeint? Im Aschendorff Kommentar stand "Standhaftigkeit" aber auch dies hat sich mir inhaltlich nicht erschlossen.)
Dessen ungeachtet ist Plinius also der Ansicht, dass durch den Tod des Gegners kein Vertrauen zu Schreiben entstehe und die geplante Herausgabe verhindert werde. Sein Freund werde es meiden über den Toten zu jubeln, denn was über den Lebenden geschrieben worden sei, sei auch über den Lebenden erzählt worden, und was gegen den Toten herausgegeben werde... :?
Zuletzt fordert Plinius, dass sein Freund alles vertagen solle, was er gerade tut und stattdessen das Werk vollenden solle, welches sie beide gelesen hätten und ihnen bereits vollkommen erschien. Dies soll auch sein Freund einsehen, dessen Zögern die Sache selbst nicht erfordere und die Zeitumstände verbieten würden.
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Re: Plinius epistulae 9.1

Beitragvon Prudentius » Do 4. Jul 2013, 16:36

Hallo gulf,

Was genau ist nun an dieser Stelle mit dem Ansehen der Beständigkeit gemeint?


Die Beständigkeit besteht darin, dass er nun nach dem Tod des Kontrahenten nicht anfängt zu triumphieren, da jener sich nicht mehr wehren kann, sondern dass er sachlich wie vorher argumentiert; das bringt einem einen guten Ruf ein.

2. Nam, quod de vivente scriptum, de vivente recitatum est, in defunctum quoque tamquam viventem adhuc editur, si editur statim.
Denn, was über den Lebenden geschrieben wurde, wurde über den Lebenden vorgetragen,


Ich habe gestern vergessen zu erwähnen: Du musst hier anders konstruieren, der quod-Satz hat zwei parallele Glieder, du siehst ja, das est steht erst nach dem zweiten Pc., dadurch verwurschtelt sich der Satz bei dir, und es kommt zu dem :?

Insgesamt verstehe ich allerdings den ganzen Sinn hinter dem Text nicht... Wieso sollte er die Bücher überhaupt herausgeben? Was würde es für einen Unterschied machen, ob die Veröffentlichung nach dem Tod oder vor dem Tod passieren würde, handelt es sich um Schmähschriften?


Es handelt sich um einen öffentlich geführten polemischen Dialog, also soll die Antwortschrift veröffentlicht werden.
Mit dem Tod eines Diskutanten ist eigentlich eine Debatte beendet, man kann höchstens noch kurz nach dessen Tod eine Schrift nachschieben. Daher sagt er ja am Anfang "quam maturissime emitteres".

Valete,
P. :)
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Re: Plinius epistulae 9.1

Beitragvon gulf » Do 4. Jul 2013, 17:31

Ein bisschen verständlicher wird mir die Sache jetzt, allerdings bekomme ich den nam quod Satz immer noch nicht übersetzt bzw. es scheint auch nicht mehr Sinn zu ergeben. Kannst du mir den Satz bitte übersetzen?
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Re: Plinius epistulae 9.1

Beitragvon Prudentius » Fr 5. Jul 2013, 17:38

"Denn was über den Lebenden geschrieben, über den Lebenden vorgetragen wurde,
das wird auch gegen den Verstorbenen veröffentlicht, als ob er noch lebte, wenn es umgehend veröffentlicht wird".

Der si-Satz am Schluss hat eine einschränkende Bedeutung: "wenn überhaupt", sagen wir; wenn bei einer Auseinandersetzung der eine Teilnehmer stirbt, kann man, "wenn überhaupt", nur unmittelbar nach dessen Tod noch einen Beitrag veröffentlichen. Daher drängt Plinius in diesem Brief zu schneller Publikation, das ist der Sinn dieses Briefes.
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Re: Plinius epistulae 9.1

Beitragvon gulf » So 7. Jul 2013, 21:46

Prudentius hat geschrieben:"Denn was über den Lebenden geschrieben, über den Lebenden vorgetragen wurde,
das wird auch gegen den Verstorbenen veröffentlicht, als ob er noch lebte, wenn es umgehend veröffentlicht wird".

Der si-Satz am Schluss hat eine einschränkende Bedeutung: "wenn überhaupt", sagen wir; wenn bei einer Auseinandersetzung der eine Teilnehmer stirbt, kann man, "wenn überhaupt", nur unmittelbar nach dessen Tod noch einen Beitrag veröffentlichen. Daher drängt Plinius in diesem Brief zu schneller Publikation, das ist der Sinn dieses Briefes.


Hmpf... wieso leuchtet einem Dinge, über die man sich stundenlang den Kopf zerbricht, augenblicklich ein, wenn man eine entsprechende Übersetzung dazu liest? :nixweiss: Danke Prudentius. Eine letzte Frage noch: Was hast du mit dem adhuc gemacht? Das "noch"?
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Re: Plinius epistulae 9.1

Beitragvon Prudentius » Mo 8. Jul 2013, 08:10

Man sieht den kürzlich Verstorbenen vor sich, als ob er noch lebte.
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