Korrektur Übersetzung Deutsch-Latein

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Re: Korrektur Übersetzung Deutsch-Latein

Beitragvon Sokrates » Do 29. Aug 2013, 14:42

salvete,

ja, deine Gedanken sind sehr gut, Zythophile! Aber es gibt in grammatischer Hinsicht wohl keine Möglichkeit, logisch-zeitliche Bezüge in einer größeren Matrix darzustellen, lediglich die Wahl des Tempus in Bezug auf EINEN Fixpunkt, hier das Hauptsatzprädikat, ist die Norm. Angenommen, deine Hypothese stimmt, dann wäre ein Konj. Imperf. also eine direkte Möglichkeit, auszudrücken, dass der Inhalt des GS sich zwar vor dem AcI, aber erst nach dem HS vollzieht. Dagegen spräche nur der besagte § 464, 1, in dem ein Konj. Plq. steht, der aber als "nachzeitig" zum Nebentempus im HS bezeichnet wird, also zur Zeit des HS ebenfalls noch nicht vorliegt.
Betrachtet man nocheinmal das Beispiel:

Cäsar zweifelte nicht, dass die Gallier alles tun würden, was er befehle und gefordert habe.
Caesar non dubitavit, quin Galli omnia facturi essent, quae imperaret et postulavisset.


dann müsste das Fordern ja vor dem Machen geschehen, und nach dieser neuen Erklärung schon zur Zeit des HS in irgendeiner Weise bestehen, während das Befehlen also offenbar gleichzeitig scheint, weil es eben noch nicht gültig ist auf der Achse des HS? Das wäre denkbar, aber ich tue mich immer noch schwer mit der Erklärung dieser schroffen Koordination der Tempora im GS, zumal beide eine ähnliche Wortbedeutung haben...
Eine Nachlässigkeit und die Wahl des "bequemeren" Konj. Imperf. mag bei den Beispielen zutreffen, in denen ausschließlich Imeprf (trotz vermeintlicher Vorz.) steht, aber Sätze wie der oben zeigen, dass es wohl noch andere Motivationen, die über eine reine Variatio hinausgehen, geben muss, vielleicht für uns schwer nachvollziehbare.... :nixweiss:
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Re: Korrektur Übersetzung Deutsch-Latein

Beitragvon Zythophilus » Do 29. Aug 2013, 15:42

Gerade bei dem Beispielsatz kann man das schön unterscheiden: imperaret sind die Befehle, die noch kommen werden, während postulauisset schon bestehende Forderungen bezeichnet. Allerdings ist ein konstruierter Satz natürlich kein Beweis.
Ich weiß nicht, ob es dieses Phänomen irgendwo näher behandelt wird. Man könnte zunächst die Caesar-Stellen durchforsten, ob sich anhand des jeweiligen Kontexts klären lässt, ob beim Impf.Konj. in solchen Fällen tatsächlich erst Späteres gemeint ist, während beim Plqupf.Konj. schon zur Zeit des Hauptprädikates Vorhandenes ausgedrückt wird.
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Re: Korrektur Übersetzung Deutsch-Latein

Beitragvon Sokrates » Do 29. Aug 2013, 16:33

salvete,

ja, das scheint eines der arcana grammaticae zu sein ;)
Die trad. Werke würde wohl entgegnen, dass nur aufgrund der Tatsache, dass ein Konj. Fut. II eben nicht existieren kann im L, der Konj. Plq. steht, nicht, weil die Forderungen schon in irgendeiner Weise zur Zeit des HS Bestand haben. Schließlich liegt der AcI in der Zukunft, der HS in der Vergangenheit. Nur weil ein GS vorzeitig zum AcI ist, muss er -rein logisch gesehen- nicht zwingend auch vor dem HS eintreten, vielmehr ist er ebenfalls wie der AcI nachzeitig zum HS, insofern hat er die relative Zeitverhältnis der Vorz. zum AcI, die der Nachz. zum HS und das absolute Zeitstufe der Zukunft. Die Befehel werde noch kommen, die Forderungen werden diesen vorgehen, aber ebenfalls "noch folgen", so meinen es anscheinend gängige Autoren.

Aber ich sehe deine Betrachtungen durchaus als richtig und zutreffend, weswegen zu überlegen wäre, inwieweit diese Fälle bisher zu eng gesehen wurden, denn ist der Unterschied zwischen den Tempora nicht klar erklärt, was mit deiner Darlegung nun geschieht.
Man wird sich noch mal alle verfügbaren Quellen ansehen müssen, vllt. auch außerhalb Cäsars und Ciceros, wir übersehen sicher noch was...
Bei weiteren Erkenntnisse melde ich mich natürlich :suche:

Liebe Grüße
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Re: Korrektur Übersetzung Deutsch-Latein

Beitragvon Zythophilus » Do 29. Aug 2013, 16:40

Das Problem ist mir auch erst jetzt so wirklich bewusst geworden. Da es sich nicht um besonders viele Stellen handelt, wo Caesar einen von einem Futur-AcI abhängigen Relativsatz mit welchem Konjunktiv auch immer schreibt, liest man wohl einfach drüber, weil es dem Verständnis ja keinen Abbruch tut. zumindest war's bei mir so.
Auch ich hätte bis vor ganz kurzer Zeit geantwortet, dass in solchen Fällen einfach nur der Plqupf. Konj. stehen kann.
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Re: Korrektur Übersetzung Deutsch-Latein

Beitragvon Pia3218 » Do 29. Aug 2013, 16:43

Nach langem Suchen habe ich zum Glück noch ein ähnlicheres Beispiel aus dem Unterricht gefunden, sogar mit Erklärung :-D

Der Sklave verspricht, er werde alles tun, was der Lehrer fordere.
Servus pollicetur se omnia facturum (esse) quae magister postulet.

Begründung: S 160 Futurisches Satzgefüge in Abhängigkeit (aus dem Menge?!?)

"Wird ein futurisches Satzgefüge abhängig, so tritt das Fut. I des ursprünglichen NS in den entsprechenden Konj. der GZ (Konj. Präs. bzw. Imperf.), das Fut. II des ursprünglichen NS in den entsprechenden Konj. der VZ (Konj. Perf. bzw. PQP)." Dazu steht dann auch der Cäsar-Satz als Beispiel.
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Re: Korrektur Übersetzung Deutsch-Latein

Beitragvon Zythophilus » Do 29. Aug 2013, 16:50

Wenn man als ursprünglichen Satz Omnia faciam, quae postulabis., der natürlich auch nicht falsch ist, annimmt, hat es seine Berechtigung. Mir kommt aber vor, dass man eher Omnia faciam, quae postulaueris. formuliert, da die Forderung vor der Erfüllung liegt.
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Re: Korrektur Übersetzung Deutsch-Latein

Beitragvon Sokrates » Do 29. Aug 2013, 17:01

salvete,

nein Pia, die Abkürzungen verraten, dass es aus dem Throm stammt, und genau die Stelle hatte ich auch im Kopf, umso besser, dass wir das jetzt belegt haben!
Diese Regeln sind ja nichts anderes als die indik. Zeitenfolge, sie sagen nichts darüber, warum im urspr. Ns FutI oder Fut Ii steht, das Problem verschleppt sich dann nur noch. Dass aber ein Konj. Imperf. zumindest möglich ist, kann als erwiesen gelten. Aber nochmal zur Erklärung von Zythophilus: Vielleicht gehen wir zu stark vom AcI aus. Für den Lateiner könnte in Gedanken wirklich nur das Hauptverb von Bedeutung gewesen sein für die Zeitenwahl im GS, was ja auch durch die Art der CT bestätigt wird, die sich nach genau dieser Verbform und nicht dem Inf. Fut. richtet. Dann aber würde ein Konj. Plq. tatsächlich schon vor oder zumindest zum Teil auch während des HS faktisch vollzogen worden sein, sodass unsere "Forderungen" gar nicht nachzeitig zum HS gewesen sein könne, obwohl der Konj. Plq. ja das FUTUR II vertreten sollte. Dies könnte aber zu ""muttersprachlich" gedacht sein, und so würde der Konj. Imeprf. erklären, dass die Befehle in diesem Beispielsatz erst noch erteilt werden müssen, die Forderungen aber wie schon mehrmals gesagt, Bestand haben in Bezug auf die Zeit des HS.
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Re: Korrektur Übersetzung Deutsch-Latein

Beitragvon Sokrates » Do 29. Aug 2013, 17:10

und im Throm steht ja auch genau die zweite Version, die Zythophilus vermutet (Fut. II)

edit: und hier könnte nun der Aspekt (die Aktionsart scheint hier außen vor zu sein, wenn man bedenkt, dass es ein und dasselbe Lexem sowohl in Konj. Plq. alsauch Imperf. in besagter Konstr. findet) indirekt eine Rolle spielen:
Wenn es punktuell gedacht ist, also auch momentan, dann handelt es sich beim postulaverit um eine einmalige Forderung in einer konkreten Situation, die natürlich erstmal gestellt werden muss, bevor man sie erfüllen kann, also strenge Vorz. mit Fut. II im GS.
Wenn aber GS und HS beide Fut I haben, also rein logsich etwas dünn erscheinen, dann könnte es daran liegen, dass ein duratives Fordern, also auch eine allgemeine Forderung als "Drohkulisse" etwa, gemeint ist, was eher einem gewohnheitsmäßigen Zustand des Befehle Gebens entspricht, der in gewisser Weise zeitlich parallel zum HS erfolgt, auch wenn einzelnen Handlungen natürlich einzelne Befehle als abgeschlossene Handlungen vorausgehen.
Das wäre weit hergeholt, aber was meint ihr?

@Zythophilus: Na, eben weil man immer wieder über Dinge stolpert, die einfach apart scheinen, gibt es doch solch tolle Foren!! :D
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Re: Korrektur Übersetzung Deutsch-Latein

Beitragvon Pia3218 » Do 29. Aug 2013, 19:07

Vielleicht würde der "Lateiner" auch eher schreiben

Serva se omnia facturam esse promisit, quae domina imperaret. ?!?

Somit würde sich das "Problem" mit dem vorhergehenden AcI doch gar nicht erst ergeben, oder? Zumindest würde er vielleicht so "denken", auch wenn es möglich ist den Satz umzustellen..
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Re: Korrektur Übersetzung Deutsch-Latein

Beitragvon marcus03 » Do 29. Aug 2013, 19:21

Pia3218 hat geschrieben:Zumindest würde er vielleicht so "denken", auch wenn es möglich ist den Satz umzustellen..


Die Satzumstellung ändert nichts an der Tatsache, dass der NS von einem ACI in der Zukunft abhängt. Die Problematik bleibt absolut diesselbe. :(
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Re: Korrektur Übersetzung Deutsch-Latein

Beitragvon Pia3218 » Do 29. Aug 2013, 19:38

Warum sollte der NS denn vom AcI Futur abhängen, wenn der AcI so in den HS integriert wird? Da fällt mir auch ein, das ein AcI nicht als NS sondern als Satzglied gilt (§167, 3 Rubenbauer).
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Re: Korrektur Übersetzung Deutsch-Latein

Beitragvon marcus03 » Do 29. Aug 2013, 19:45

Der mit quae eingeleitete Relativsatz (hier der NS im Satzgefüge) hängt von omnia ab, das zum ACI gehört, oder ? :?
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Re: Korrektur Übersetzung Deutsch-Latein

Beitragvon Pia3218 » Do 29. Aug 2013, 19:51

Ja, aber das Tempus im NS würde sich in jeglicher Hinsicht trotzdem nach dem nächst übergeordneten Prädikat richten und das ist immer das des Satzes, in dem der AcI als Satzglied integriert ist.
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Re: Korrektur Übersetzung Deutsch-Latein

Beitragvon Sokrates » Do 29. Aug 2013, 19:56

salvete,

marcus hat Recht, dass der Relativsatz als SatzgliedTEIL von einem Subst. abhängt, egal, in welcher Stellung.
pia hat Recht, dass sich die Tempuswahl nach dem HS Prädikat richtet.
Beides ändert nichts am Problem, denn diese Tatsachen waren ja gerade der Ausgangspunkt für die Überlegungen...
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Re: Korrektur Übersetzung Deutsch-Latein

Beitragvon Pia3218 » Do 29. Aug 2013, 20:32

Aber rein übersetzungstechnisch ist das Problem doch geklärt, das Prädikat des NS richtet sich nach dem nächst übergeordneten und PFA + esse gilt ja nicht als Prädikat. Also tritt die Zeitenfolge für konjunktivische NS ein: "was ihr die Herrin auftrage" = Fut. I (das Fut. II würde immer das Partizip Perfekt verlangen). Bei Nachzeitigkeit tritt anstelle des Fut. I die GZ ein und anstelle des Fut. II die VZ. Tut mir leid wenn ich total auf dem Schlauch stehe und ich hab mir auch alle Beiträge durchgelesen, aber wo besteht denn nun noch ein Problem?
Zuletzt geändert von Pia3218 am Do 29. Aug 2013, 22:21, insgesamt 3-mal geändert.
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