Livius-Hermeneutik

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Beitragvon sinemetu » Do 15. Aug 2013, 15:14

Hominem improbum non accusari tutius est, quam absolvi

Dazu schreibt Bayer:

Es ist sicherer, wenn ein schlechter Mensch nicht angeklagt wird, als wenn er freigesprochen wird.

Die Übersetzung ist unklar. Was soll sicherer sein? Ich verstehe es nicht.

Ist nicht etwa gemeint:
A: Es ist wahrscheinlicher (im Leben allgemein), daß ein schlechter Mensch nicht vor Gericht gezerrt wird, als daß er dort durchkommt.
B: Die gesellschaftliche Sicherheit ist insgesamt größer, wenn ein schlechter Mensch nicht angeklagt wird, als wenn er womöglich freigesprochen wird, oder, wie im Fall Jonny K. in Berlin, gar nur symbolisch verurteilt wird.
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Re: Livius-Hermeneutik

Beitragvon romane » Do 15. Aug 2013, 17:15

Beachte den Satz davor:

Nolite eodem loco existimare, Quirites, futuram rem, quo fuit, antequam lex de hoc ferretur.
Die Freiheit ist ein seltsames Wesen - wenn man es gefangen hat, ist es verschwunden

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Re: Livius-Hermeneutik

Beitragvon Prudentius » Fr 16. Aug 2013, 10:06

B. trifft zu. Es leuchtet doch ein, ein Fehlurteil schädigt den Ruf der Rechtspflege mehr als eine ausgebliebene Anklageerhebung.

ein schlechter Mensch


"Übeltäter", denn die Justiz wäre überfordert, wenn sie alle schlechten Menschen vor Gericht bringen sollte :-D

oder, wie im Fall Jonny K. in Berlin, gar nur symbolisch verurteilt wird.


Richterschelte? Ich wäre vorsichtiger; wer überblickt alles?
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Re: Livius-Hermeneutik

Beitragvon sinemetu » Fr 16. Aug 2013, 11:19

Prudentius hat geschrieben:
oder, wie im Fall Jonny K. in Berlin, gar nur symbolisch verurteilt wird.


Richterschelte? Ich wäre vorsichtiger; wer überblickt alles?


nicht zwangsläufig Richterschelte, es kann sein, daß der Richter auf Grundlage der geltenden Gesetze im Rahmen des Üblichen geurteilt hat. Aber dass Gesetze in Deutschland nicht den allgemeinen Normen des Menschenrechtes genügen, ist auch kein neues Phänomen.

Jeder fragt sich, warum über 18-jährige nach Jugendstrafrecht beurteilt werden? Warum nicht vom gemeinschaftlichen Mord ausgegangen wird? (Fußtritte gegen einen liegenden Menschenkopf können nur mit Tötungsabsicht gegeben werden) Was wäre gewesen, wenn 6 (böse) "Rechtsradikale" einen (guten und armen) "Ausländer" erschlagen hätten? Diese Typen sind in 3 Jahren wegen guter Führung wieder draußen. Und wer ist dann das nächste Opfer? In der Türkei wären sie nicht mit solchen Strafen davongekommen. Und was ist mit Sühne? Man kann hier nur sagen: Summum jus, summa iniuria! Aber das ist kein Thema für dies Forum....

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) teilte mit: "Die Frage, ob das ein angemessenes Urteil ist, ist schwer zu beantworten. Kein Richterspruch bringt den jungen Jonny zurück, und sein Tod lässt sich nicht in Haftjahren aufwiegen."

Das ist z. B. Politiker Bla bla - Der Tod wird im dt. Recht sehr wohl mit Haftjahren aufgerechnet. Es geht mitnichten nur um den jungen Jonny, sondern um die nächsten Jonnys, wenn die Kopftreter wieder frei sind.

Nachtrag, kann's nicht lassen:
Hier muss klipp und klar gesagt werden: Nach bestehender Rechtslage ist dies kein mildes, es ist vielmehr ein strenges Urteil.


Quelle: http://www.welt.de/debatte/kommentare/a ... ozess.html
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Re: Livius-Hermeneutik

Beitragvon Prudentius » Fr 16. Aug 2013, 19:44

es kann sein, daß der Richter auf Grundlage der geltenden Gesetze im Rahmen des Üblichen geurteilt hat.


Das muss so sein, eines der römischen Rechtssprichwörter lautet, wenn ich mich richtig erinnere, "Aufgabe des Richters ist es nicht, die Gesetze zu verbessern, sondern sie anzuwenden".
Ich weiß zu wenig von dem Fall, es sind ja dauernd umstrittenen Rechtsfälle in der Diskussion, aber ich möchte noch zu unserem Beispielsatz etwas sagen: im römischen Rechtssystem gab es keinen Staatsanwalt, der Staat griff einen Fall nur auf, wenn jemand beim Gericht Anklage erhob, vgl. den Spruch: "Wo kein Kläger, da kein Richter", das bedeutet für unseren Satz, dass es für den Römer weniger anstößig als für uns war, wenn gegen einen Übeltäter keine Anklage erhoben wurde.
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