Horatius - ein Pessimist?

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Horatius - ein Pessimist?

Beitragvon sinemetu » So 25. Aug 2013, 14:50

Überliefert ist:
dum res et aetas et sororum fila trium patiuntur atra


Stammt die Färbung der Fäden von Horaz oder ist anderswo überliefert, daß die Fäden der Parzen/Moiren schwarz waren?

mir scheint die Assoziation weis = gut und schwarz = böse/schlecht international üblich zu sein, denn es heißt ja weissagen und schwarzsehen ....
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Re: Horatius - ein Pessimist?

Beitragvon consus » So 25. Aug 2013, 15:12

Vgl. dazu Viktor Pöschl in: http://www.rhm.uni-koeln.de/137/Poeschl.pdf.
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Re: Horatius - ein Pessimist?

Beitragvon sinemetu » So 25. Aug 2013, 17:54

Danke, Conse, hab's mit Gewinn gelesen, (wie gut des es das Netz gibt!) fand aber keine endgültige Antwort, ob nun die lucretische finstere Betrachtung Arbeit der Schicksalsgöttin ursprünglich ist. Ich glaube es nicht, weil ich in einem Buch über die Etrusker gelesen habe, wie anhand der Ausgrabungsbefunde (Wandbilder) in deren Grabhügeln sich die Todesvorstellungen von einem hellen Hain hin zur einem finstersten Orkus über die Jahrhunderte verdüstert haben. Die Vorstellung vom Tode als Ende allen Lebens scheint parallel zu gehen mit der Realität des Endes einer Kultur. Eine Kultur lebt nur weiter, wenn sie sich das Leben als nach dem Tode weitergehend vorstellt.
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Re: Horatius - ein Pessimist?

Beitragvon Prudentius » Di 27. Aug 2013, 11:06

Horaz steht in diesem Gedicht in der uralten Tradition der Symposiendichtung, die bis in die frühgriechische Zeit zurückgeht; Tod und Vergänglichkeit bilden die Folie zum Genuss des Augenblicks; so heißt es auch in dem lustigen Studentenlied "Gaudeamus igiur...": "nos habebit humus". Horaz fühlt sich wie ein "Jedermann", der darauf gefasst ist, dass der Ruf vom Turm her erschallt.

Zu den schwarzen Fäden der Parzen: In Senecas Apokolokyntosis kommt Kaiser Claudius nach seinem Tode in den Himmel und beobachtet die Parzen, und er stellt staunend fest, dass sie goldene Fäden spinnen, also dass das Goldenen Zeitalter wieder anbricht; es handelte sich um den Amtsantritt Neros!
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Re: Horatius - ein Pessimist?

Beitragvon sinemetu » Di 27. Aug 2013, 11:28

Man darf ja bei der Fadenfarbe auch nicht vergessen, daß sie die "Schonenden" sind. Von daher ist schwarz vllt wirklich etwas übertrieben ....
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Re: Horatius - ein Pessimist?

Beitragvon Zythophilus » Di 27. Aug 2013, 12:12

Die Parcae haben, auch wenn es auf den ersten Blick so aussehen mag, mit parcere nichts zu tun, sondern mit parere, weil sie zur Geburt gehören. Es gibt die Erklärung mit parcere schon, aber die geht davon aus, dass die drei so heißen weil sie nicht schonen. :?
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Re: Horatius - ein Pessimist?

Beitragvon consus » Di 27. Aug 2013, 12:24

Prudentius hat geschrieben:... Tod und Vergänglichkeit bilden die Folie zum Genuss des Augenblicks ...

Legamus etiam Petron. 34:
Potantibus ergo nobis et accuratissime lautitias mirantibus larvam argenteam attulit servus sic aptatam, ut articuli eius vertebraeque laxatae in omnem partem flecterentur. Hanc cum super mensam semel iterumque abiecisset et catenatio mobilis aliquot figuras exprimeret, Trimalchio adiecit:

Eheu nos miseros, quam totus homuncio nil est!
Sic erimus cuncti, postquam nos auferet Orcus.
Ergo vivamus, dum licet esse bene.
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