Übersetzung für mein Tattoo

Korrektur und Hilfestellungen bei Übersetzungen für die Schule und das Leben sowie deutsch-lateinische Übersetzungen für Nichtlateiner

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Übersetzung für mein Tattoo

Beitragvon Christel » So 9. Mär 2014, 01:31

Hallöchen Zusammen,

ich will mich Tätowieren lassen.
Zurzeit hab ich viel durch mit meiner Familie und habe einen Spruch gefunden der genau dazu passt:

"Mein Herz liegt in der Familie"

Da ich leider selber kein Latein Sprechen oder schrieben kann, habe ich mir Hilfe von Freunden geholt und suche im Internet fleißig nach einer Korrekten Schreibweise. :?

Meine Freundin würde es so übersetzen:

Factum est cor meum in ea

UND jetzt bräuchte ich BITTE eure Hilfe. :hail: :help:
Wir würdet ihr es Sinngemäß übersetzen.

Vielen Dank schon mal im Voraus.
Liebe Grüße

Christel
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Re: Übersetzung für mein Tattoo

Beitragvon consus » So 9. Mär 2014, 11:37

Der genannte Übersetzungsvorschlag ist nicht haltbar.
Der lat. Begriff familia entspricht nicht der deutschen Vorstellung von Familie. Man kann im klassischen Latein, Cicero folgend (Att. 14, 11, 2), z. B. sagen:

Meis tota dedita

= Den Meinen (d.h. meiner Familie) ganz (d.h. mit Leib und Seele) ergeben.

Ob eine solche Tätowierung angebracht ist, sollte man sich im Hinblick auf sich ständig wandelnde Verhältnisse gut überlegen.
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Re: Übersetzung für mein Tattoo

Beitragvon Prudentius » Mo 10. Mär 2014, 09:09

"Meis" hat unbestimmtes Genus, das macht den Satz arg zweideutig, es kann auch gelesen werden als "Ganz meiner Habe ergeben" :-D , das will Christel nicht sagen. Bekannt ist der Spruch des stoischen Weisen: "Omnia mea mecum porto", "All meinen Besitz...".

Du hast ja recht mit der Bemerkung über familia, aber der Spruch richtet sich nicht an antike, sondern an zeitgenössische Leser, die werden es schon richtig verstehen, z.B. wenn der beschriftete Arm an einem Haltegriff in einem Bus hängt...

Frag mal beim Tätowieren, ob es auch eine Lösch-Funktion gibt!
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Re: Übersetzung für mein Tattoo

Beitragvon consus » Mo 10. Mär 2014, 10:49

Prudentius hat geschrieben:"Meis" hat unbestimmtes Genus, das macht den Satz arg zweideutig, ...
Salve, Prudenti!
Eine rein formale Betrachtung von "meis" lässt den Einwand der Doppeldeutigkeit berechtigt erscheinen: ein Problem, das bei der Formulierung eines solchen Mottos nie ganz auszuschließen ist; doch verringert sich die Gefahr einer Fehldeutung, wenn man bereit ist, die Aussage in einen sinnvollen Kontext zu stellen. Was den lat. Begriff familia angeht, so bin ich zu einer Rücksichtnahme auf den zeitgenössichen Leser nicht bereit. Um aber klarer zu machen, dass es sich bei "meis" nicht um res, sondern um personae handelt, ergänze ich "caris":

Caris meis tota dedita (d. h.: Meinen Lieben mit Leib und Seele ergeben).

Oder als jambischer Trimeter:

Addicta caris usque tota sum meis.

(d.h.: Meinen Lieben bin ich immerfort ganz zugetan.)

:-D
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Re: Übersetzung für mein Tattoo

Beitragvon Medicus domesticus » Mo 10. Mär 2014, 18:21

Wenn man jetzt pingelig wäre, könnte man Consus´zweiten Vorschlag auch als "meinem teuren (im Sinne des Preises) Hab und Gut bin ich immerfort ganz zugetan" auffassen. Aber das ist die Crux solcher kurzen Übersetzungen ohne Zusammenhang.
Prudentius, denke ich, spricht da einen wahren Kern an, wie schnell man Mißverständnisse erzeugen kann. Merken werden es zwar nur wenige. Bei "familia" bin ich auch gespalten. Der Begriff hat eine Wandlung durchgemacht, die man im Mittel- und Neulatein sicher schon anders gesehen hat.
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Re: Übersetzung für mein Tattoo

Beitragvon juergen » Mo 10. Mär 2014, 19:14

consus hat geschrieben:…Der lat. Begriff familia entspricht nicht der deutschen Vorstellung von Familie. Man kann im klassischen Latein,…

Ja, ja im klassischen Latein…

Im Sinne von "Sippe" wird der Begriff aber schon benutzt, auch wenn das mehr ist als eine „moderne Familie“, die ja heute durchgegendert schon aus zwei Menschen beliebigen Geschlechts bestehen kann…

In aktuellen Texte wird der Begriff auch verwandt.


Ok, wenn ein alter Römer von den Toten aufersteht und das liest, versteht er vielleicht eher Bahnhof. Aber diese Auferstandenen alten Römer gibt es doch eher selten - woll? :roll:

consus hat geschrieben:Was den lat. Begriff familia angeht, so bin ich zu einer Rücksichtnahme auf den zeitgenössichen Leser nicht bereit.

Wie gesagt: antike Leser sind äußerst selten. :roll:
Gruß Jürgen

Achja: meine Übersetzungen sind alle mit großer Vorsicht zu genießen
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Re: Übersetzung für mein Tattoo

Beitragvon consus » Di 11. Mär 2014, 12:31

juergen hat geschrieben:...Wie gesagt: antike Leser sind äußerst selten...
Donnerwetter, dass mir das bisher noch gar nicht so bewusst geworden ist! Nihil ergo relinquitur, nisi ut in cilicio et cinere paenitentiam agam*...
Immerhin - das ist ein kleiner Trost für mich - wird meine Formulierung "Meis tota dedita" bzw. "Caris meis &c." von der vermutlich wohl etwas größeren Zahl der heutigen "Antikeversteher", beiderlei Geschlechts natürlich, verstanden werden; denn bei Plautus beispielsweise finden sie diese Ausdrücke (Asinaria 67, Menaechmi 105).

_________
* Cf. Mt 11, 21.
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Re: Übersetzung für mein Tattoo

Beitragvon Tiberis » Di 11. Mär 2014, 13:30

consus hat geschrieben:denn bei Plautus beispielsweise finden sie diese Ausdrücke

im ursprünglichen sinn bedeutet familia das gesinde, aber doch schon bald - im übertragenen sinn - unter einschluss der freien personen die ganze "hausgemeinschaft": der pater familias wird ja nicht nur als oberhaupt der dienerschaft verstanden. und es gibt auch einige stellen klassischer autoren - te oro, mi optime conse, ut mihi contra dicenti ignoscas ;-) - , in denen familia durchaus im modernen sinn zu verstehen ist, nämlich zur bezeichnung eines verwandtschaftlichen, der gens untergeordneten, verhältnisses: nobilissima in familia natus (Cic.r.p.1,19 ; antiquissima familia natum (Caes.B.G.7,32); familia prope iam exstincta (Sall. Iug.95,3); cum familiae eius claritudo intermissa esset (Vell.2,17,1) etc.
umgekehrt versteht man auch im deutschen "familie" mitunter als hausgemeinschaft, die beispielsweise auch tiere einschließt, z.b. wenn man sagt, "der hund gehört zur familie".
das heißt also: gegen die klassische "umschreibung" des begriffs durch "mei, sui "usw. ist selbstverständlich nichts einzuwenden, was aber nicht heißt, dass nicht auch "familia" verwendet werden könnte.
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Re: Übersetzung für mein Tattoo

Beitragvon consus » Di 11. Mär 2014, 13:51

Tam exquisitis rationibus, mi doctissime amice, de re disputas ut etiam mihi nunc familiae vocem aptam et accommodatam esse videatur: Ich gebe mich also in Bezug auf den lat. Begriff "familia" geschlagen, wenn auch meine Sympathien unvermindert den Worten "mei", "tui" &c. gelten.
:D
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Re: Übersetzung für mein Tattoo

Beitragvon Zythophilus » Di 11. Mär 2014, 14:02

Wird nicht oft auch pignus verwendet, wenn es um Familienangehörige geht?
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Re: Übersetzung für mein Tattoo

Beitragvon Tiberis » Di 11. Mär 2014, 14:18

ich denke, es wird auch in diesem fall vom kontext abhängen, welche ausdrucksweise man wählt. " er verbrachte weihnachten bei seiner familie" würde ich spontan übersetzen mit "festum nativitatis Christi una cum suis egit"; "er stammt aus einer hochangesehenen familie" hingegen würde man vielleicht eher übersetzen mit "amplissima familia natus", wenngleich im letzteren falle "familia" natürlich ohne weiteres durch "loco, gente" usw. ersetzt werden kann.
:)
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Re: Übersetzung für mein Tattoo

Beitragvon Tiberis » Di 11. Mär 2014, 14:26

Zythophilus hat geschrieben:Wird nicht oft auch pignus verwendet, wenn es um Familienangehörige geht?

ja, wobei pignus zu verstehen ist als "unterpfand der (ehelichen) liebe". klassisch scheint pignus jedoch nur bei den dichtern vorzukommen, außerdem sind darunter nur die einzelnen personen (kinder, enkel usw) zu verstehen, nicht aber die familie als ganzes.
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Re: Übersetzung für mein Tattoo

Beitragvon ille ego qui » Di 11. Mär 2014, 19:27

Schön, dass das Thema mal (wieder) angesprochen wurde. Ich habe die Übersetzung von "familie" durch "mei" immer gerne übernommen, gelegentlich mich dann aber doch über textstellen wie die erwähnten ciceronischen gewundert ...

Jürgen (Georgius?) hatte ja schon darauf hingewiesen: familia auch im Sinne von Sippe.
Ich hätte es bisher in dieser Bedeutung tatsächlich immer mit gens gleichgesetzt, jedenfalls kenne ich bisher nur stellen, wo eine vollständige gleichsetzung keine probleme bereitet hätte.
@Tiberis: familia als der gens untergeordnet - kannst du das konkretisieren? und: stützt du dich auf belege (am schönsten wäre ja ein kontext, der beide wörter irgendwie in opposition brächte ^^) oder darauf, dass die Grundbedeutung eher eine Entwicklung zu den verhältnismäßig wenigen Generationen, die ein Haushalt natürlicherweise fassen kann, wahrscheinlich erscheinen lässt?
valete :-)
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Re: Übersetzung für mein Tattoo

Beitragvon consus » Di 11. Mär 2014, 20:10

Salve, Christiane!
In aller Kürze:
Zum Verhältnis gens - familia: Suet. Nero 1: Ex gente Domitia duae familiae claruerunt, Caluinorum et Ahenobarborum.
Lesenswert ist immer, was die iurisconsulti sagen, z. B. Ulpian in D. 50, 16, 195: 'Familiae' appellatio qualiter accipiatur, videamus. ...
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Re: Übersetzung für mein Tattoo

Beitragvon Zythophilus » Di 11. Mär 2014, 21:06

Auch wenn familia anders als gens von seiner Etymologie her nichts mit Abstammung zu tun hat, belegt die Suetonstelle eine Verwendung, wie sie auch heute vorkommt. Die familia ist hier durch das gemeinsame cognomen gekennzeichnet, ein gemeinsamer Haushalt ist offenbar keine Voraussetzung.
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