De Marci Sittici archiepiscopi hilaritate et ioculando.

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Re: De Marci Sittici archiepiscopi hilaritate et ioculando.

Beitragvon Honigdachs » Do 30. Nov 2023, 22:15

Medicus domesticus hat geschrieben:
Honigdachs hat geschrieben:Bei dem Grab von Schleich ist mir gerade aufgefallen, dass der Steinmetz einen Typo mit drin hat.
Er hat statt "Saturaeque" Saturacque" geschrieben.

Ich sehe das nicht so. Dem e fehlt eher ein Strich im Rahmen der Verwitterung. Die anderen e sind häufig auch so. Warum sollte eine Zeitung aus dem Jahr 1882 auch anders schreiben. Ein Jahr nach dem Tod war die Inschrift sicher brandneu.


Mir ist das bei der Durchsicht der Inschrift in Vergrößerung aufgefallen.

Normalerweise wäre es auch meine erste Vermutung gewesen, dass es sich hier um Verschleiß handelt – aber gerade an dieser Stelle weist die Inschrift keine Verbrauchsspuren auf.

Bild

Außerdem sind die kleinen c und die kleinen e des Steinmetzes unterschiedlich gestaltet. Dort, wo übergergangslos und quasi senkrecht der Querstrich in dem e losgeht, haben alle c einen Kreis, der den Buchstaben abschließt:

Das ist auch bei anderen Buchstaben so, z.B. in Monacensis oder in Schleich. Hier mal der direkte Vergleich:

Bild
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Re: De Marci Sittici archiepiscopi hilaritate et ioculando.

Beitragvon Tiberis » Fr 1. Dez 2023, 01:17

Auf den ersten Blick könnte da tatsächlich saturacque stehen.Betrachtet man aber die Inschrift in ihrer Gesamtheit, erkennt man, dass die Buchstaben c und e keineswegs einheitlich ausgeführt worden sind. Dazu kommt, dass in unserem Fall ein wenn auch schwacher Querstrich (dem jedoch die Farbe fehlt) erkennbar ist und den strittigen Buchstaben letztlich doch als ein e ausweist. Besonders gut erkennbar ist das im oben zitierten Video https://www.muenchen.tv/mediathek/video%20...%20r-unwesen/ (0:22)
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Re: De Marci Sittici archiepiscopi hilaritate et ioculando.

Beitragvon Zythophilus » So 3. Dez 2023, 09:46

Für mich sieht es so aus, als ob der Text auf dem Grabdenkmal nicht bloß aufgemalt, sondern zuerst eingemeißelt worden sei. Dann sollte es, sofern nicht weitere Beschädigungen vorhanden sind, ja nicht so schwer sein, die ursprünglichen Buchstaben vor Ort zu eruieren, was anhand der verfügbaren zwei dimensionalen Abbildungen nicht möglich ist.
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Re: De Marci Sittici archiepiscopi hilaritate et ioculando.

Beitragvon Medicus domesticus » So 3. Dez 2023, 15:07

Frag doch Honigdachs, der erst vor Ort war. Der Text ist ja jetzt klar. 150 km nach München fahre ich bei dem Schnee jetzt auch nicht.. :lol:
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Re: De Marci Sittici archiepiscopi hilaritate et ioculando.

Beitragvon Zythophilus » Mo 4. Dez 2023, 07:22

Wenn ich nichts überlesen habe, ist der Text nicht klar; es gibt eine relativ plausible Erklärung für den fehlenden Anfang, doch der Beweis fehlt mir, wenn ich nicht irre. Das Wort antiqui passt recht gut, scheint mir aber doch sehr banal. Da würde ich ein etwas gesuchteres Wort erwarten.
Ich weiß nicht, wer in der Nähe wohnt bzw. zu tun hat, und rate auch niemandem, eine weitere Fahrt nur deswegen zu unternehmen.
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Re: De Marci Sittici archiepiscopi hilaritate et ioculando.

Beitragvon Medicus domesticus » Mo 4. Dez 2023, 08:49

Der Anfang ist vor kurzem geklärt worden:

Medicus domesticus hat geschrieben:Im Rahmen der Erinnerung an den Tod Dr.Schleichs vor einem Jahr schreibt die Allgemeine Zeitung unter anderem:
Ausgabe 29.10.1882: Der Beginn:
Ambigui sapidique sales, lepidaeque Camoenae,
Jucundique joci, Satyri Saturaeque valete!


Zu diesem Zeitpunkt war die Schrift sicher gut lesbar. In der Zeitung steht zwar Distichon, aber es sind zwei Hexameter...:

https://www.google.de/books/edition/All ... frontcover
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Re: De Marci Sittici archiepiscopi hilaritate et ioculando.

Beitragvon Zythophilus » Mo 4. Dez 2023, 19:30

Danke!
Die entsprechenden Postings sind mir irgendwie durchgerutscht. Ich hatte selber die Überlegung, es könnte irgendwelche Erwähnungen des Texts in Zeitungen oder anderen Berichten geben, fand aber nichts. Immerhin war meine Vermutung, antiqui sei zu banal, richtig.
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Re: De Marci Sittici archiepiscopi hilaritate et ioculando.

Beitragvon Honigdachs » Di 12. Dez 2023, 11:46

Medicus domesticus hat geschrieben:Frag doch Honigdachs, der erst vor Ort war. Der Text ist ja jetzt klar. 150 km nach München fahre ich bei dem Schnee jetzt auch nicht.. :lol:


Ich müsste so 350 km fahren :) Wenn ich es geahnt hätte, hätte ich direkt genauer nachgeschaut. Sofern ich dazu noch in der Lage gewesen wäre bei Minusgraden, Schneeregen und nach einer dreiviertel Stunde Suche nach dem Grab :lol: Es ist mir nur später beim Betrachten des Fotos durch den Zoom aufgefallen; aber ich gehe mal von dem wahrscheinlicheren Fall aus, dass der Steinmetz sich da nicht vertippt haben wird.

Zythophilus hat geschrieben:Danke!
Die entsprechenden Postings sind mir irgendwie durchgerutscht. Ich hatte selber die Überlegung, es könnte irgendwelche Erwähnungen des Texts in Zeitungen oder anderen Berichten geben, fand aber nichts. Immerhin war meine Vermutung, antiqui sei zu banal, richtig.


Das ging wohl auch Tiberis und anderen (mir zumindest) so.

Was mich erstaunte, ist, dass auch die Konjektur lepidique falsch war. Offensichtlich stand da sapidique sales. Das ergibt natürlich auf seine eigene Art auch sehr viel Sinn, aber ich hätte auch das vermutete Polyptoton sehr reizvoll gefunden.

Noch eine andere Frage zu Schleichs Epigramm ganz unten: Ich habe aus nicht besonders verlässlichen Quellen im Internet erfahren, dass die Grabinschrift iacet tacet placet nicht ursprünglich von Schleich stammt, sondern von einem Römer oder jedenfalls Lateinsprecher als Grabinschrift für seine ihn zu Lebzeiten nervende Frau gewählt worden sein soll. Hat jemand schon einmal von dieser Geschichte gehört oder weiß jemand, ob das irgendwo schon einmal als Anekdote aufgetaucht ist?

Danke an alle, die hier diese Diskussion zu dieser Grabinschrift angeregt und vorangetrieben haben!
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Re: De Marci Sittici archiepiscopi hilaritate et ioculando.

Beitragvon cometes » Di 12. Dez 2023, 20:49

Noch eine andere Frage zu Schleichs Epigramm ganz unten …



Das ist wohl camouflierter Sexismus. Die charmante von Willimox b.m. vorgetragene, schon einmal in den 1930ern erwogene Herleitung aus der Beschäftigung mit Balde ist aber wahrscheinlich zu kompliziert gedacht, denn das Trikolon iacet, tacet, placet kursiert in diversen Varianten mindestens seit dem 16. Jahrhundert, freilich nicht immer mit dem bissigen Unterton. Zwei Beispiele:

Hic iacet & tacet & placet in te Christe beatus
Christiades, genitus stemmate Puchemico.


(Leich vnd Trostpredigt Bey dem Begrebnuß des ... Herrlein Christiani Puchheimb (etc.), 1583, S.136)

En ! jacet, & tacet,
Quod omnibus placet,
In tumulo
quid dignus
patibulo.


(Le Voyageur politique oder Der wohl-erfahrne Politische Wanders-Mann, 1692, S. 362)
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