Staatsexamen "Metamorphosen der sexuellen Gewalt"

Fragen zur Ausbildung rund um die alten Sprachen, ihrer Geschichte und ihrer Archäologie

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Re: Staatsexamen "Metamorphosen der sexuellen Gewalt"

Beitragvon mystica » Mi 27. Jan 2021, 18:29

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Re: Staatsexamen "Metamorphosen der sexuellen Gewalt"

Beitragvon ClaudiaK » Mi 27. Jan 2021, 18:54

Ich habe eure spannenden Kommentare gelesen.

Leider ist Latein immer wieder im Gespräch, als Fach abgeschafft zu werden. Es gibt dann Vorschläge, es durch das Fach Programmieren zu ersetze. Und der Vorschlag ist auf Nützlichkeitsebene schlimmerweise deswegen sogar richtig gut, weil auch das Programmieren eine Sprache ist und damit dem Latein das Argument der logischen Sprache ausgestochen wird.

Deswegen der ständig aufgeschreckte Impuls der Rechtfertigung, bei mir jedenfalls.

Natürlich ist es leicht die Argumente zu zerlegen.
Sprachschulung, logische Strukturen : ab zum Programmierer
Studienberechtigung / Grundlagenwissen: abgeschafft
praktischer Nutzen : keiner
Kenntniss in Geschichte und Mythologie: übersetzte Texte, entsprechende Fächer in der Muttersprache.

Kein Geschichtelehrer, kein Philosophieprofessor, kein Kunsterzieher käme angesichts dieser Selbstverständlichkeit auf die Idee, den Wert seines Faches mittels irgendwelcher Nützlichkeitsargumente zu rechtfertigen.


Ein Teil für die Begründungen, sich mit Inhalt und Gegenstand zu beschäftigen, ist in die Fächer (Philosophie, Kunst, Geschichte, ) selber abgewandert. Wobei die Philosophie nicht besser dasteht und sich ihr Daseinberechtigung heutezutage auch mit der Literatur oder Soziologie oder Psychologie teilen muss.

Zur Ethik (auf diese kleine Rettunginsel zieht sich oft auch Philosophie zurück): Da könnte man zur Einübung der Sprache,wie es auch geschieht, Text wählen, die das gesellschaftlich Gewollte transportieren (daher auch der Eindruck des monopolartig Guten).

Zur Ästhetik:
Das Gymnasium mag bildungshistorisch allgemeinbildend konzpiert worden sein, seit der Bildungreform und den damit einhergehnden Kompetenzforderungen ist vom Bilden, Prägen und Formen (input-Orientierung) nichts mehr übrig, sondern es geht um out-put performen. Ausbildung, Tiberis schrieb es. Und damit ist ausgerechnet das facheigene Element des Entwickelns eines Sinns für Ästhetik und der Wahrnehmungsfähigkeit von sprachlicher Gestaltung futschikato. Es dürfte im vorgegebenen Rahmen gar nicht gebracht werden. (Davon können auch die Literaturdidaktiken der Neuen Fremdsprachen ein Lied singen).

Dennoch bleibt die Wahrnehmung der sprachlichen Gestaltung eine Fachleistung. Und die Erkenntniss der Rhetoriker beim Elternabend umzusetzen, spricht für das Fach und darf einem selbst, meine ich, nicht vorkommen als wäre man ein Krämer.

Ob man nun das Gaudeamuslied nimmt (ich glaube nicht, dass das Lied noch so geschmäht ist, wir befinden uns in einer konservativen Wende, da stößt das niemandem auf, im Gegenteil, da freut es die Eltern, dass sie am Elternabend bei ihrem Kenntnisstand abholt werden) oder ob man Orffs Fortuna nimmt, die Eltern kennen den Stoff, und das bietet intergenerationelle Gesprächsgrundlage und vermittelt in Bezug auf die Wissensmöblierung im Gehirn wenigstens in einem Fach Kontinuität.

Und genau hier schlägt die Fragestellung der Uni Regenburg ein. Was macht man mit den politisch Inkorrekten Texten, die die letzten Reste an Fachlegitimation wegfegen? Nichts mehr mit Ethik oder Generationen umfassenden Wissensbeständen. Bleibt nur noch Ästhetik, und die steht oft genug aus mangelnder Kenntnis, Willimox schrieb es bereits, hinten an.
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Re: Staatsexamen "Metamorphosen der sexuellen Gewalt"

Beitragvon Willimox » Mi 27. Jan 2021, 19:25

Sei gegrüßt, Tiberis,

der Catonische Ton, der in den Ausführungen erklingt, ist mir vertraut und sehr lieb, allerdings dürfte er den Studenten oder den Lehrer in Verzweiflung stürzen, der sich auf das Examen oder einen Elternabend (Latein oder Französisch/Naturwissenschaften?) vorbereitet und Wonnen und Schauer einer "splendid isolation" erahnt.

Der Thread von ClaudiaK firmiert unter "Staatsexamen Regensburg". Wer Studenten auf das Examen vorbereiten will, muss sich wohl oder übel mit den gängigen Klausuren befassen.

Pool
https://www.uni-regensburg.de/sprache-l ... index.html

Zwei Jahrgänge seien kurz herausgegriffen:

Paul Barié 2015
https://www.uni-regensburg.de/index.php ... a4a3d98d58


Der Lateindidaktiker Paul Barie konstatiert bereits in den achtziger Jahren des vergangenen
Jahrhunderts, dass die Didaktik des Lateinischen bei der Legitimation ihres Faches auf verschiedene
Dilemmata stößt. Eines dieser Dilemmata beschreibt er wie folgt:
Die , Tugenden' von Latein sind- wie alle Tugenden- einseitig und dominierend Wo Sprach. und Textreflexion im Mittelpunkt stehen, ist , kognitiver Überhang' unvermeidbar; es fehlt also
an Handlungsbezogenheit und Spontaneität, an Leichtigkeit und Kreativität, an Abwechslung
und oft auch an Humor (des Gegenstandes und seiner Vermittlung), und mögen solche Vorwürfe
auch überzeichnen, so treffen sie doch eine fachtypische Eigenart, die nie ganz ausgeglichen
werden kann: Trotz altphilologischem Kreativitätstraining wird Latein schwer bleiben, wenn es
weiterhin eine gründliche sprachliche und literarische Elementarbildung vermitteln soll. Die
Frage stellt sich nun, ob dieses reflexionslastige Fach künftig noch gesellschaftlich erwünscht
ist: Wieweit wird man akzeptieren, daß man an einer toten Sprache Vokabeln, Grammatik und
Übersetzungstechnik lernt [ ... ] ?

Nehmen Sie in knapper, konzentrierter Form
Stellung zu dem oben beschriebenen Dilemma des Lateinunterrichts und erläutern Sie, mit welchen fachdidaktisch tragfähigen Argumenten sich der gymnasiale Lateinunterricht gegenüber einer Gesellschaft, in der die Akzeptanz von "reflexionslastigen" Fächern abzunehmen scheint, rechtfertigen lässt!


Wesselman und Co 2020
https://www.uni-regensburg.de/index.php ... d18ebbf353

Mir scheint - sit venia verbo et rei - eine utilitaristisch-rhetorische Seminar-Übung für zwei bis drei Stunden wünschenswert und nicht verdammnisheischend. Etwa mit dem Gaudeamus-Lied und dem Auftrag einer möglichst überzeugenden Rede vor fiktiven Eltern - das hat etwas, das unserem Cicero Freude bereiten würde. Und es kann - sehr vordergründig gewiss - auf das Leben mit dem Staatsexamen und auf das Leben am Gymnasium mit seiner Fächerkonkurrenz vorbereiten. Und das gar nicht schlecht.

p.s.
Wer in den Examensaufgaben auch noch die Lehrbuchanalyseaufgaben betrachtet hat, der dürfte Respekt und Freude und Sorge und ....empfinden.

p.p.s.
Die Variante "Ubi iam? Fuere." lässt sich als rhetorische Frage lesen, die eine agnostische oder jenseitsverneinende Aussage enthält. Kein Leben nach dem Tod. Es sei denn, man hat Latein gehabt, Lebensgenuss in der Phase vor der humusbedeckten Existenz ist eine ästhetisch interessant präsentierte Botschaft in diesem Lied und seiner Mikrostruktur. Und vieles andere mehr. Alis grave nil. Alis nil gravius.

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Re: Staatsexamen "Metamorphosen der sexuellen Gewalt"

Beitragvon Tiberis » Do 28. Jan 2021, 01:14

mystica hat geschrieben: als an einem längst schon vergangenen Humboldtsche Bildungsideal anzuknüpfen, welches heutzutage bei vielen Menschen nur befremdlich wirkt.

Bildung im Humboldt'schen Sinne bedeutet stets auch Freiheit und persönliche Entfaltung des Individuums, auf universitärer Ebene nicht zuletzt die Freiheit von Lehre und Forschung. Nach ihrem leider erfolgreichen "langen Marsch durch die Institutionen" (Mao Zedong lässt grüßen!) haben die 68er und ihre linksgrünen Epigonen , denen es niemals um Freiheit, sondern immer nur um Ideologie ging, mittlerweile große Bereiche der Gesellschaft so sehr unterwandert, dass viele bestens indoktrinierte Zeitgenossen tatsächlich mit jenem Bildungsideal nichts anfangen können, so wie ja auch Menschen, die lange Zeit in Sklaverei gelebt haben, sich ein Leben in Freiheit oft nur schwer vorstellen können. Von dem Humboldtschen Universitätsideal kann freilich in der heutigen Zeit, wo der Universitätsbetrieb verschult und überreguliert ist , wo Professoren sanktioniert werden, wenn sie politisch unerwünschte Meinungen vertreten, wo wissenschaftliche Arbeiten nicht akzeptiert werden, wenn sie in nicht "gendergerechter" Sprache verfasst wurden, naturgemäß keine Rede mehr sein. Aber es ist ja klar: Indoktrinierung erfolgt zu allererst , nachzulesen bei Orwell, über die Manipulation der Sprache. Genderismus, political correctness u.ä. , so absurd sie im Einzelfall erscheinen mögen, sind leider keine vorübergehenden Modeerscheinungen, sondern als Sprachregelungen eine massive Bedrohung der Freiheit und letztlich der Versuch, die Menschen gemäß dem in linken totalitären Regimen praktizierten Modell umzuerziehen.
So gesehen fügt sich die geradezu perverse Themenstellung in der o.a. Examensarbeit, welche "Gefahren" "politisch inkorrekte" lateinische (!!) Texte darstellen bzw. wie man sie "rechtfertigen" könne, bestens ins Bild. :cry:
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Re: Staatsexamen "Metamorphosen der sexuellen Gewalt"

Beitragvon Willimox » Do 28. Jan 2021, 10:48

Nochmal zum Hintergrund dieses Threads:

Studium Lehramt Bayern. Gymnasium

Die lateinischen Studiengänge lassen sich nach mehreren "Schienen" gliedern:

Die erste und wichtigste Schiene umfasst die literaturwissenschaftlichen Veranstaltungen (vor allem Seminare und Vorlesungen), in denen zentrale lateinische Texte gründlich betrachtet, analysiert, interpretiert und diskutiert werden.

Die zweite Schiene dient der Vertiefung und Erweiterung der lateinischen Sprachkompetenz. Hier stehen die lateinische Syntax und Grammatik sowie das Übersetzen lateinischer Texte im Zentrum.

Die dritte Schiene besteht aus Lektüreübungen und dient dazu, die Kenntnis zentraler lateinischer Texte zu erweitern und zu vertiefen.

Die vierte Schiene ist für Veranstaltungen benachbarter Disziplinen (Klassische Archäologie, Alte Geschichte, Sprachwissenschaft und Philosophie) vorgesehen. Diese sollen dazu beitragen, das historische und kulturelle Umfeld der lateinischen Texte besser zu verstehen.

Im Lehramtsstudiengang kommt ab dem vierten Fachsemester mit der Fachdidaktik eine fünfte Schiene hinzu. Hier werden Lehramtsstudierende gezielt auf das Unterrichtsgeschen vorbereitet.

Es werden zwei Unterrichtsfächer kombiniert. Darüber hinaus wird der Studiengang durch das Erziehungswissenschaftliche Studium ergänzt. Es ergibt sich demnach folgende Fächerkombination:

2 Unterrichtsfächer
Erziehungswissenschaftliches Studium

Der Link " Pool Regensburg" enthält die allfälligen, typischen Klausur-Themen/Themata im schriftlichen Examen gefordert ist in den Klausuren:
Übersetzung, Interpretation, Fachdidaktik.
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Re: Staatsexamen "Metamorphosen der sexuellen Gewalt"

Beitragvon mystica » Do 28. Jan 2021, 12:06

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Re: Staatsexamen "Metamorphosen der sexuellen Gewalt"

Beitragvon Willimox » Do 28. Jan 2021, 18:45

Es ist schwierig, sehr schwierig, rhetorisch überzeugend für den Lateinunterricht an einem Gymnasium zu werben. Hier versucht es Friedrich Maier. Wie überzeugend erscheint das?

Sollte man - skeptisch geworden - auf Argumente verzichten und einfach seine Begeisterung für Latein sprechen lassen. Liebe zu einem Menschen und zu einer Sprache geht auf sehr viele Motive und Prägungen zurück und braucht sich nicht auf dem Markt zu verkaufen.

Also?

Bedeutende Erben der antiken Rhetorik sind heute, so hat man festgestellt, der Journalismus und die Verkaufswerbung, deren Wirkung durch die Mittel der Kommunikationstechnologie alle Grenzen übersteigt. Ihre Fachleute schulen sich nachweislich am Modell der antiken Rhetorik. Überall sind Emotionalisierung, Manipulation und psychologische Rollenfixierung am Werk. Die Mechanismen der Psychagogie, wie sie sich in Ciceros Reden zu erkennen geben, sind hier – nun kräftigst durch das Medium Bild unterstützt – voll im Einsatz. Die Menschen, gerade die jungen, sind den Attacken solcher Rhetorik täglich ausgeliefert.

Wie kann man sie davor schützen? Durch Aufklärung. Immanuel Kant hat in seiner Kritik der Urteilskraft die Rhetorik »eine hinterlistige Kunst« genannt. Sprache gehört – nach dem bereits zitierten Dichter Sophokles – zu jener göttlichen Mitgift des Menschen, die ihn »fähiger, gewaltiger« als alle anderen Geschöpfe macht. Sie kann jedoch »bald den guten, bald den schlechten Weg gehen«. In der Gestalt der Rhetorik ist Sprache oft auf dem schlechten Weg, da sie unbemerkt, unterschwellig, eben »hinterlistig« dem Menschen die Freiheit zu eigenem Urteil nimmt, ihn unfähig macht zur Kritik.

Genau hier setzt die analytische Arbeit des lateinischen Lektüreunterrichts an. Dass sie die rhetorischen Tricks am lateinischen Originaltext untersucht, ist kein Schaden, ganz im Gegenteil: Denn die Struktur der Sätze, ihre Kürze und Präzision, das Staccato der eingesetzten stilistischen Figuren, die von Rhythmus und Emphase geprägte Wortstellung, überhaupt die in ihrer Vieldeutigkeit bewusst gesetzten Begriffe – alles Faktoren, von denen die Strategie einer Rede entscheidend bestimmt wird –, sind in keiner Übersetzung adäquat zu erfassen.

Das Ringen mit der sprachlichen Vorgabe, um das in der Rede Gesagte zu verstehen und im Deutschen einigermaßen treffend wiederzugeben, macht den Lernenden erwiesenermaßen rhetorisch kompetent – und eben auch kritischer im Umgang mit solchen Formen sprachlicher Äußerung. Die Analyse, das »Sezieren« einer Cicero-Rede konfrontiert mit »der Rhetorik, der formalen Kunst der Meinungsmanipulation« (M. Fuhrmann, 1976, 42), sie legt die in ihr wirksamen Mechanismen offen, entlarvt die »Hinterlist« der so formierten Sprache; sie schafft und stabilisiert in den Schülerinnen und Schülern Urteils- und Kritikfähigkeit. Sie macht sie letztlich gefeit gegen die in den Medien unterschwellig aktiven Mächte der Psychagogie.

Wer diese »hinterlistige Kunst« kennengelernt hat, ist dagegen gewappnet, ihr zu leicht zum Opfer zu fallen.

Friedrich Maier: Warum Latein? Zehn gute Gründe. Reclam: Stuttgart 2014; S.45-47.


p.s.

Sie könnten sich nach Lateinaficiados umsehen. Nur zwei Beispiele von Menschen, die Latein studiert haben und in der heutigen Welt große Erfolge erzielen: J.K. Rowling, die Autorin der Harry-Potter-Reihe, und Facebook-Erfinder Mark Zuckerberg.

Sie sollten Latein lernen, wenn Sie eine geistige Herausforderung suchen. Die lateinische Grammatik ist komplex, das Lesen eines lateinischen Satzes kann wie das Zusammensetzen der Teile eines Puzzles sein. Menschen, die Mathematik und Musik mögen, mögen in der Regel Latein, weil es einige der gleichen intellektuellen Fähigkeiten wie diese Disziplinen erfordert.

Sie sollten Latein studieren, wenn Sie sich für Alte Musik und geistliche Musik interessieren. Jeder, der zwei Semester Latein studiert hat, wird in der Lage sein, die Messen der Renaissance und die gregorianischen Gesänge zu verstehen.

Sie sollten Latein studieren, weil das in diesen praktischen, praktischen, praktischen Zeiten einfach ein bisschen rebellisch ist.
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Re: Staatsexamen "Metamorphosen der sexuellen Gewalt"

Beitragvon mystica » Do 28. Jan 2021, 19:45

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Re: Staatsexamen "Metamorphosen der sexuellen Gewalt"

Beitragvon Willimox » Do 28. Jan 2021, 20:29

Tu solus qui facis mirabilia (Josquin Desprez)


Tu solus, qui facis mirabilia,
Tu solus Creator, qui creasti nos,
Tu solus Redemptor (qui redemisti nos
sanguine tuo pretiosissimo.)

Ad te solum confugimus,
in te solum confidimus
nec alium adoramus,
Jesu Christe.

(Ad te preces effundimus
exaudi , quod supplicamus,
et concede, quod petimus,
Rex benigne.)

D'ung aultre amer,
Nobis esset fallacia:
D'ung aultre amer
Magna esset stultitia
et peccatum.

Audi nostra suspiria,
Reple nos tua gratia,
(O rex regum,
Ut ad tua servitia
Sistamus cum laetitia)
in aeternum.

https://www.youtube.com/watch?v=fhJ_wKSWZao
Wer nur den lieben Gott lässt walten
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Re: Staatsexamen "Metamorphosen der sexuellen Gewalt"

Beitragvon Tiberis » Do 28. Jan 2021, 21:08

Willimox hat geschrieben:Sie sollten Latein studieren, wenn Sie sich für Alte Musik und geistliche Musik interessieren. Jeder, der zwei Semester Latein studiert hat, wird in der Lage sein, die Messen der Renaissance und die gregorianischen Gesänge zu verstehen.

Ich habe sogar 8 Semester Latein studiert und verstehe sie trotzdem nicht, zumal sie mich auch nicht im Geringsten interessieren, so ehrlich will ich sein, das zuzugeben.
Wenn das ein Argument sein soll, sich mit Latein zu befassen, dann ist es ein sehr schwaches Argument.
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Re: Staatsexamen "Metamorphosen der sexuellen Gewalt"

Beitragvon Medicus domesticus » Do 28. Jan 2021, 21:29

Diese Ideale sind viel zu hoch gegriffen.
Als ehemalige Lateinlehrer solltet ihr das "warum Latein" verstehen: Begeisterte gibt es nur sehr wenige.
Ich hatte 2 Kinder im Lateinunterricht und meine Tochter ist es noch. Seit Corona oft online-Unterricht, den viele Lehrer verschlafen haben. Trotz vieler Förderungen meinerseits hatten meine zwei Jungs, die schon aus der Schule raus sind, kein Latein-Interesse mehr. Es bleibt oft Mittel zum Zweck. Sie studieren ganz etwas anderes. Meine Tochter benutzt Latein für ihre Abiturnote und das wars. Eine Umfrage untereinander brachte das Ergebnis: Muss nicht sein, bringt halt ne gute Note, wenn man gut in Latein ist...aus, das wars.
Vieles was wir hineininterpretieren, war doch damals nicht mal unsere Intention. Das wird von denen interpretiert, die Interesse an Latein weiter haben (ganz wenige) oder Latein studiert haben.
Latein hat meiner Meinung nach nur noch wenig Chancen bei den Kids.
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Re: Staatsexamen "Metamorphosen der sexuellen Gewalt"

Beitragvon Willimox » Do 28. Jan 2021, 22:14

Hier noch einmal ein emotionales Argument, wenn das kein Widerspruch ist:


Die meisten Menschen werden argumentieren, dass das Studium der lateinischen Sprache im Wesentlichen nutzlos ist. Es bringt Ihnen kein Geld ein - vor allem, wenn Sie sich entscheiden, es zu unterrichten.

Aber wie andere "nutzlose" Studien - Musik, Mathematik, Kunstgeschichte - kann es den Geist erheben und der Seele Trost spenden: Es kann die Quelle jener Zufriedenheit, ja sogar des Glücks sein, die vielleicht unser Hauptanliegen ist.

Und es gibt einen negativen Beweis für den Wert des Lateinischen: Niemand scheint sich zu rühmen, es nicht zu kennen.
:chefren:
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Re: Staatsexamen "Metamorphosen der sexuellen Gewalt"

Beitragvon ClaudiaK » Do 28. Jan 2021, 22:31

Medicus domesticus hat geschrieben:Vieles was wir hineininterpretieren, war doch damals nicht mal unsere Intention.



Ich bin immer erstaunt, wenn ich Leuten in Reisegruppen zuhöre, wie sehr sie es bedauern, nicht Latein gemacht zu haben oder nicht mehr können. Diese Reisgruppenmenschen haben ein großes Bedürfnis, sich mit ihrer Geschichte und mit ihrem Dasein zu verwurzeln und sich in eine Ahnenreihe mit irgendetwas zu stellen. Bildung mit festen Wissensbeständen ist ein solche Ahnenreihe. Die Kenntnis kultureller Güter ist über Generationen hinweg eine Gesprächsbasis und ein Vorlage, mit der man sich, in welcher Weise auch immer kreativ oder intellektuell auseinandersetzen kann, und dann das gute, das befriedigende Gefühl hat, sich mit etwas Großem und Wertvollen zu beschäftigen. Genau das liefern die kommerziellen Fast-Food-Welten (GoT, Harry Potter, Ninjago, Pokemon, etc) nicht. Wenn sie auch ständig Anleihen an den antiken Welten und ihren Epos-Formen nehmen. Nicht umsonst sagen die Kinder und Jugendliche, wenn etwas großartig finden, tatsächlich 'episch'. Mögen die Kinder in ihrer Schulzeit ihre eigenen Begründungen finden, das liegt in der anpassenden Natur des Menschen, dass er sich Handlungsbegründungen sucht, wenn er der Handlung nicht ausweichen kann, später mag in ihm etwas Fortsetzung finden, was in der Schulzeit rein als Bildungsgedanke seinen Anfang genommen hat. Und sei es nur das Interesse zur Herkunft eines Fremdwortes, oder noch schwächer: die blasse Ahnung, das Worte dem historischen Wandel unterliegen.
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Re: Staatsexamen "Metamorphosen der sexuellen Gewalt"

Beitragvon Tiberis » Do 28. Jan 2021, 22:31

mystica hat geschrieben:Unsere Demokratie ist akut bedroht!


In diesem Punkt - und NUR in diesem - stimme ich dir zu, auch wenn wir bereits über die Art der Bedrohung unterschiedlicher Ansicht sind.
Ohne Freiheit, insbesondere Redefreiheit und Meinungsvielfalt, ohne den politischen Wettbewerb unterschiedlicher Weltanschauungen, kann es keine Demokratie geben, bestenfalls eine "Volksdemokratie" unseligen Angedenkens.
Es wäre also besser, zu sagen: "Unsere Freiheit ist bedroht", denn "Demokratie" ist ein Begriff, der von den übelsten linkstotalitären Regimen auf die schamloseste Weise missbraucht wurde und immer noch missbraucht wird. Unsere Freiheit wird jedenfalls nicht von rechtskonservativen Kräften, auf die du dich offenbar beziehst, bedroht, sondern von jenen, die mittels Sprachregulierung, ideologischer Indoktrinierung und teils offener Zensur ebendiese Freiheit immer mehr einschränken.
Ich erinnere mich noch gut an jene Zeit, als die Unruhen der 68er-Bewegung auch meine Universität erfassten und fanatisierte Studenten in diversen "Diskussionen", die eher an stalinistische Schauprozesse erinnerten, Professoren, deren Lehrmeinung ihnen "reaktionär" erschien, mit "Ho Chi Minh"- Rufen niederbrüllten. Naturgemäß hatten diese spätpubertierenden Idioten keine Ahnung von der realsozialistischen Realität, was sie jedoch nicht daran hinderte, linke Massenmörder wie Mao Zedong oder Trotzki anzubeten. Es war eine einzige Peinlichkeit, die sich da abspielte. Und dieselben Ho Chi Minh- Schreier bzw. deren Epigonen sitzen heute in zentralen Positionen und setzen ihr Zerstörungswerk unbehelligt fort. Der Kommunismus ist zwar tot, aber das Gespenst geht immer noch um in Europa, nur kommt es jetzt eben statt mit roten Fahnen im grünen Mäntelchen daher. Heute ist nicht mehr Mao oder Ho Chi Minh die Erlösergestalt, sondern Greta Thunberg, aber was spielt das für eine Rolle? Man wähnt sich auf der Seite des Guten und Gerechten, man hält sich für moralisch überlegen und somit für berechtigt, Andersdenkende zu diffamieren und mit allen zu Gebote stehenden Mitteln bis hin zu zensurähnlichen Maßnahmen vom öffentlichen Diskurs auszuschließen. Ging es früher gegen das sogenannte Establishment, kämpft man heute, 75 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus, unverdrossen den heroischen Kampf gegen "Faschisten" und "Rassisten" aller Art, die man hinter jeder Hausecke wittert. Nicht anders zogen einst die Stalinisten gegen "Klassenfeinde", "Kulaken" und sonstige "Volksverräter" zu Felde, die sich (tatsächlich oder vermeintlich) der "gerechten Sache des Sozialismus" widersetzten, wobei zugegebenermaßen dort die Folgen für die Betroffenen wesentlich gravierender waren. Dennoch - die Tendenz ist dieselbe, die Methoden sind dieselben, und wehe uns, wenn die Grünideologen einmal die alleinige Macht im Staate haben sollten. Ich möchte es - und werde es hoffentlich - nicht erleben.
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Re: Staatsexamen "Metamorphosen der sexuellen Gewalt"

Beitragvon mystica » Fr 29. Jan 2021, 10:49

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