antike Kochkunst

Fragen zur Geschichte und Archäologie des griechisch-römischen Altertums

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Beitragvon RM » Mi 26. Nov 2008, 00:05

Da ist er wohl auf einen mittelalterlichen Scherz hereingefallen :shock:
Bei dem Rezept handelt es sich um Rezept Nr. 53 aus dem "Buoch von guoter spise", dem ersten um 1350 verfaßten spätmittelhochdeutschen Kochbuch aus Würzburg. Dieses "Rezept", das eher in eine Hexenküche passt, schließt zusammen mit einem noch merkwürdigeren Rezeptgedicht den ersten Teil dieses Kochbuchs ab. Man hatte im Spätmittelalter also auch Sinn für humorige Einlagen.

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Beitragvon consus » Mi 26. Nov 2008, 12:04

Vielleicht in diesem Zusammenhang auch interessant die von Macrobius beschriebene cena pontificis (Macr. Sat. 3, 13, 10 – 12):
***
10 Accipite inter gravissimas personas non defuisse luxuriam. Refero enim pontificis vetustissimam cenam, quae scripta est in indice quarto Metelli illius pontificis maximi in haec verba:
11 Ante diem nonum Kalendas Septembres, quo die Lentulus flamen Martialis inauguratus est, domus ornata fuit: triclinia lectis eburneis strata fuerunt: [sequuntur convivarum nomina].
12 Cena haec fuit:
Ante cenam
echinos,
ostreas crudas quantum vellent,
peloridas sphondylos,
turdum asparagos subtus,
gallinam altilem,
patinam ostrearum peloridum,
balanos nigros, balanos albos:
iterum sphondylos glycomaridas urticas ficedulas,
lumbos capraginos aprugnos,
altilia ex farina involuta,
ficedulas murices et purpuras.
In cena
sumina,
sinciput aprugnum,
patinam piscium, patinam suminis,
anates,
querquedulas elixas,
lepores,
altilia assa,
amulum,
panes Picentes.
***

Ob’s wohl allen gut geschmeckt hat? :lol:
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Beitragvon RM » Mi 26. Nov 2008, 12:58

consus hat geschrieben:Ob’s wohl allen gut geschmeckt hat? :lol:

Ich gehe davon aus - besonders, wenn man sich mal die Liste der Teilnehmer auf der Zunge zergehen läßt.

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Re: antike Kochkunst

Beitragvon RM » Mi 7. Jan 2009, 21:26

Hallo Leute,

ich habe mal wieder was Neues entdeckt:
Es gibt in Italien einen Ort mit dem Namen Cetara in der Nähe von Salerno. Dort wird noch heute eine besondere Variante des antiken Garum (= Liquamen) hergestellt, und zwar mit dem Namen Colatura d'alici, also eine Art gefilterter Sardellensauce. Mehr dazu erfährt man unter: http://www.amicidellealici.org/.

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Re: antike Kochkunst

Beitragvon DaisyGirl95 » Mo 19. Jan 2009, 15:21

Salve!
meine Lieblingspeise aus dem Antiken Rom sind Kirschfladen mit Puderzucker!
Ich weiß nicht ob die Römer bereits Puderzucker kannten....

...aber was ihr essen angeht, muss ich teilweise echt sagen, dass es sich lecker anhört.
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Re: antike Kochkunst

Beitragvon RM » Mo 19. Jan 2009, 22:24

Tja, mit Puderzucker haben wir ein echtes Problem, da Zucker zwar bei Plinius erwähnt, von den Römern aber nicht verwendet wurde. Zucker kam erst im Mittelalter in Mode, wahrscheinlich - wie die Limonen und Orangen - durch über den Handel mit den Ländern im Nahen Osten, wo das wohl ursprünglich aus Indien stammende Zuckerrohr angebaut wurde. Aber auch die Kirschen mußten sich die Römer erst einmal mühsam erkämpfen - Lucullus soll hieran maßgeblich beteiligt gewesen sein. Kirschen wurden zwar gegessen, waren aber im alten Rom wohl eher selten. In Apicius werden sie nur einmal erwähnt. Echt römisch sind auf jeden Fall die Rezepte für Gebäck aus Catos Werk über die Landwirtschaft - Kirschfladen sind natürlich nicht dabei. :sad:

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Re: antike Kochkunst

Beitragvon juergen » Di 20. Jan 2009, 21:10

Mir dünkt, daß Garnum mit der heutigen (sauteuren) "Colatura" verwandt ist.

http://it.wikipedia.org/wiki/Colatura_d ... _di_Cetara
Gruß Jürgen

Achja: meine Übersetzungen sind alle mit großer Vorsicht zu genießen
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Re: antike Kochkunst

Beitragvon RM » Di 20. Jan 2009, 22:56

So wahnsinnig teuer finde ich die gar nicht - ich habe schon mal ein paar Hersteller angeschrieben. Man muß mit ca. 40-50€/l + Versand rechnen - kleinere Flaschen gibt es aber auch. Und ja, es ist im Prinzip eine spezielle Art des antiken Garums, wie ich bereits erwähnte, aber das sollte man sowieso sparsam verwenden. Ich wollte demnächst mal so etwas besorgen.

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Re: antike Kochkunst

Beitragvon RM » So 22. Feb 2009, 22:39

Es wird mal wieder Zeit für was Essbares - in ein paar Tagen beginnt schließlich die Fastenzeit! Kennt ihr "Sfrappole" (ital., Betonung "sfráppole")? Das ist eine Art süßer frittierter Pastateig, ähnlich dem für Lasagne, aber frisch gemacht, der mit Puderzucker bestreut und serviert wird. Zubereitet wird diese Köstlichkeit in Norditalien zur Zeit des Karneval.
Für 4 Personen nehme man ca. 3-4 Eier auf 400g Mehl, dazu etwa 80g Butter, 1-2 EL Grappa und 1 EL Zucker. Das Ganze verarbeitet man zu einem Teig von der Konsistenz eines Nudelteiges, rollt es möglichst dünn aus und schneidet es in Rechtecke (ca. 5x10cm). Dann erhitzt man in einer tiefen Pfanne Öl (besser kein Olivenöl, oder wenn, dann solches, das nicht so intensiv danach schmeckt) oder Schweineschmalz (ca. 2 cm) und frittiert diese Teigstreifen, bis sie goldbraun sind, nimmt sie heraus, läßt sie gut abtropfen und streut Puderzucker darüber.
Auch die Römer kannten etwas Ähnliches, das bei Apicius in dem Rezept 7,13,6 auftaucht. Dort wird Mehl mit Milch gekocht, um daraus eine Art sehr festen Brandteig herzustellen, der ungefähr so fest ist wie Nudelteig (durissima puls) und ebenfalls sehr dünn ausgerollt werden soll (in patellam expandis). Auch dieser Teig soll in Stücke geschnitten (concidis quasi dulcia) und in sehr gutem Öl frittiert werden. Beim Frittieren bläht er sich meistens auf wie ein aufblasbares Kissen. Danach träufelt man Honig darüber und serviert.

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Re: antike Kochkunst

Beitragvon Medicus domesticus » So 22. Feb 2009, 22:49

@RM:
Ich bin kein professionell mit Latein Verbundener (habe Grosses Latinum/Bayern), aber du hast mir den Anreiz gegeben,mal die Rezepte von Apicius zu übersetzen..
Vielleicht kocht die ja meine Frau mal nach... :lol:
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Re: antike Kochkunst

Beitragvon RM » So 22. Feb 2009, 23:08

@Medicus
Geht mir fast genauso ... :wink:
Das Übersetzen habe ich zwar schon hinter mir, obwohl mein großes Latinum nicht aus Bayern stammt, aber kochen muss ich so was schon selbst. :eek:

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Re: antike Kochkunst

Beitragvon Platon » Mo 23. Feb 2009, 18:57

Kennt ihr "Sfrappole" (ital., Betonung "sfráppole")?


Bei uns heißen die interessanterweise "Striebele", ich hab mich schon immer gefragt, wo das Wort herkommt und siehe da... :klatsch: Werden aber ein wenig anders zubereitet scheint mir.

Bild
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Re: antike Kochkunst

Beitragvon RM » Mo 23. Feb 2009, 20:21

Hört sich nach Mittelhochalemannisch an ... :eek:
So was gibt's im "Liber de Coquina" und heißt dort "Mistembec" - ein wahrscheinlich französisches Wort. Aber ein ähnliches Rezept taucht schon in einem arabischen mittelalterlichen Kochbuch auf.

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Re: antike Kochkunst

Beitragvon DaisyGirl95 » Di 24. Feb 2009, 18:18

hi Leutz!

Da ich gerne einmal Römisch kochen würde, frage ich euch ob ihr nicht ein paar Rezepte kennt, die einfach zuzubereiten sind und auch jedem schmecken. :help: :help: :help:
Es kann auch etwas zum Backen sein, denn ich wollte meine Familie einmal mit etwas besonderem überraschen! :klatsch: :klatsch: :klatsch:

Ich habe schon im Internet geforscht, aber nicht wirklich tolles gefunden, deshalb frage ich gerade euch, weil ich weiß, dass ich viel über das alte Rom wisst.

Über hilfe würde ich mich freuen!!!!!

VG, DaisyGirl95 :) :) :)
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Re: antike Kochkunst

Beitragvon DaisyGirl95 » Di 24. Feb 2009, 18:21

RM hat geschrieben:Tja, mit Puderzucker haben wir ein echtes Problem, da Zucker zwar bei Plinius erwähnt, von den Römern aber nicht verwendet wurde. Zucker kam erst im Mittelalter in Mode, wahrscheinlich - wie die Limonen und Orangen - durch über den Handel mit den Ländern im Nahen Osten, wo das wohl ursprünglich aus Indien stammende Zuckerrohr angebaut wurde. Aber auch die Kirschen mußten sich die Römer erst einmal mühsam erkämpfen - Lucullus soll hieran maßgeblich beteiligt gewesen sein. Kirschen wurden zwar gegessen, waren aber im alten Rom wohl eher selten. In Apicius werden sie nur einmal erwähnt. Echt römisch sind auf jeden Fall die Rezepte für Gebäck aus Catos Werk über die Landwirtschaft - Kirschfladen sind natürlich nicht dabei. :sad:

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Ach so, das wusste ich nicht. Dachte nur, weil ich sie mal in einem Backbuch gesehen habe, wo Römische Rezepte drin standen. Aber danke für deine Hilfe! :klatsch: :klatsch: :klatsch:
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