Salvete,
aus Zeitgründen nur eine grobe Einschätzung aus meiner Sicht, die wenn überhaupt auf sprachlichen, nicht auf editorischen oder gar juristisch-fachwissenschaftlichen Füßen steht
Es handelt sich doch um einen Komparativsatz, plus(…) quam -freilich eine Verkürzung aus (…) als das Maß, was man selbst hat- ein koneskutiver Nebensinn wie etwa im Relativsatz scheint mir nicht herleitbar, doch allein auf Grund der Tempuswahl.
In diesen Vergleichssätzen erwartet man tatsächlich den Indikativ, und wenn, wie hier, keine Einbettung in ein Satzgefüge vorliegt, wodurch innere Abhängigkeit oder jede Art der Modusattraktion ausscheiden, bleiben die Konjunktive übrig, die den Wirklichkeitsgrad der Aussage angeben, also Potentialis und Irrealis.
Der Form nach kommen (ohne die Sonderfälle) Potentialis der Vergangenheit und Irrealis der Gegenwart in Frage.
Beide können auch in einem gewöhnlichen Gliedsatz stehen, nur ist der Potentials der Vergangenheit in dieser Verwendung doch recht selten, außerdem, und das ist wohl gewichtiger, müsste im HS ein Nebentempus oder eine Art der Vergangenheitsumschreibung gesetzt sein -nicht unbedingt auch im Potentilais, ein solcher tritt auch sehr oft zu indik. HS- (wie sonst sollte sich eine Möglichkeit
in der Vergangenheit (ohne größeren Kontext) gegenüber einem Pot. der Gegenwart rechtfertigen lassen?).
Ganz richtig ist consus' Bemerkung über die "Modalphrasen", die in den alten Sprachen real formuliert sind, im Deutschen aber oft gefühlsmäßig im Konjunktiv wiedergegeben werden.
Darunter könnte dieses "potest" hier also auch fallen (ein possit nach Menge § 106, 4 fällt raus, weil hier ja der HS nicht als bedingt oder nichtwirklich gelten soll, in einem Rechtsspruch setzt man wohl lieber den faktischen Indikativ.).
Der Autor sah das können also zunächst aus seinem Sprachgefühl für real an und setzt den entsprechenden Modus, da wäre es doch inkonsequent, mit einem Irrealis fortzufahren, gleichsam als schwebe dem Schreiber zwar eine irreale Periode vor und er müsse aus "formalem Zwang" den Indikativ nehmen, nur weil es sich um passe handelt (cf. Menge § 562, 4 Anm. 1).
Ein solches Phänomen, nämlich dass der Lateiner trotz des Indikativs im HS im Gliedsatz dann doch mit einem Irrealis fortfährt, so, wie man es aus dem Deutschen erwarten würde, also den Müssen-Können Verben gedanklich scheinbar auch eine irreale Komponente zuteilt, gibt es dann aber offenbar nur für den Irrealis der Vergangenheit nach menge §562, 4 (a).
Warum sollte, insgesamt gesehen, auch ein Irrealis im Nebensatz auftauchen, ohne das sich diese Modalität aus dem Hauptsatz oder dem Kontext ergäbe (was wie gesagt bei dieser juristischen Formel schwierig scheint).
Ein solcher Fall liegt hier kaum vor.
Zusammenfassend sind die Erklärungen des haberert mit Potentials oder Irrealis sicher möglich, aber schwer nachzuvollziehen.
Sich auf korrupte Stellen etc. zu berufen, scheint ja hier unangebracht und ist auch sonst wenig schön. Am ehesten läge es vielleicht an einer anderen Sprach- und Modusauffassung des Autors, wir wären mit einem habet zweifelsfrei seliger….
Wie seht ihr Profis das denn?
LG
Sokrates