Salve, Mystica!
Ein erster Aspekt: Die unverbundene Reihung zweier Adjektive ist relativ selten. "Viele große Kuchen" würde im Normalfall z.B. heißen "multae et magnae placentae". Wenn man es doch tut (z.B. "schöne gelbe Brillen"), dann wird im Lateinischen wohl ganz besonderer Wert (!) darauf gelegt, dass z.B. aus der Menge der "gelben Brillen" die "schönen" als eine Teilmenge (!) herausgenommen (!) werden.
Hinzukommt nun aber, dass hier zwei "Eigenschaften" nicht nur einem Gegenstand beigelegt werden, sondern auch miteinander in eine bestimmte Beziehung gebracht werden bzw. miteinander "verschmelzen". Wittgenstein wollte ganz offenbar keine "logische philosophische" noch eine "logische, philosophische" (lat. auf jeden Fall mit ET) Abhandlung verfassen, sondern eine "logisch - philosophische". Das kommt sowohl im Deutschen als auch im Lateinischen zum Ausdruck. Ähnlich verhält es sich bei Spinoza.
Die Art und Weise, dies sprachlich umzusetzen (mit "-o-"), ist m.W. nicht antik, wurde aber später (wann, weiß ich nicht) im Lateinischen gebräuchlich. Wir kennen das ja heute noch stärker in Fremdwortzusammensetzungen, z.B. "anglo-amerikanische Weltmacht" (nicht dasselbe wie "englische(,) amerikanische Weltmacht").
Zwei Beispiele aus der neu(?)lateinischen Tradition:
- ein deutsch-lateinisches Wörterbuch (was ja weder ein deutsches noch ein lateinisches, sondern eben ein deutsch-lateinisches ist) heißt "lexicon Germanico-Latinum"
- die LMU in München heißt auf Latein "universitas Ludovico-Maximilianea Monacensis" (Ludovicus ist kein Adjektiv, aber es zeigt sich hier doch derselbe / ein ähnlicher Mechanismus).
Vale!