Strabo - Metrik

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Strabo - Metrik

Beitragvon Zythophilus » So 18. Aug 2024, 06:38

Als ich mich anlässlich des Todestags von Walahfrid Strabo ein wenig mit ihm befasste, fiel mir auf, dass er seinen lateinischen Namen Srabo oder auch Strabus mit einer langen ersten Silbe verwendet
Tetr. 266s. hat geschrieben:Strabonem quamquam dicendum regula clamet,
Strabum me ipse volo dicere, Strabus ero.

Der Georges kennzeichnet diese Silbe nicht, betrachtet sie also als kurz. Auch Horaz tut dies
Serm. I 3,44 hat geschrieben:siquod sit vitium non fastidire. strabonem

Es widerstrebt mir, bei einem Mann dieses Kalibers einen simplen Fehler anzunehmen: Hat jemand eine andere Erklärung?
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Re: Strabo - Metrik

Beitragvon Tiberis » So 18. Aug 2024, 13:50

Das a ist natürlich kurz, auch im Griechischen, etwa im Namen des Geographen Strabon.
Aber im Deutschen wird der Vokal einer offenen Silbe lang gesprochen (Stra: bon). Wenn das auch im 9. Jh. schon so war, könnte das eine Erklärung sein, auch wenn sie mich selbst nicht wirklich überzeugt. :nixweiss:
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Re: Strabo - Metrik

Beitragvon Zythophilus » So 18. Aug 2024, 17:14

Natürlich spielten im 9. Jh. die Quantitäten für das gesprochene Latein der Mönche keine Rolle, aber wieso sich gerade jemand, der in seinen Gedichten die Längen und Kürzen beachten muss, so etwas erlaubt, will mir nicht in den Kopf.
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Re: Strabo - Metrik

Beitragvon cometes » So 18. Aug 2024, 18:56

Nach Alf Önnerfors' Darstellung in Philologisches zu Walahfrid Strabo finden sich „mehrere prosodisch falsch verstandene griechische Wörter“ in Strabos Werk, er erklärt dies aus den mangelnden Griechischkenntnissen seiner Zeit. Auf diesen lag in der karolingischen Renaissance, deren kulturelle Errungenschaften sich zudem recht schnell wieder verloren, kein besonderer Fokus - über Karl den Großen heißt es ja auch, er habe Latein fließend beherrscht, Griechisch aber mehr passiv. Önnerfors nennt zudem als Vorbild Strabos, das dieser teilweise kopierte bzw. imitierte, Aldhelm(us) von Sherborne, insbesondere dessen 3000 Hexameter umfassendes Carmen de virginitate. Durchsucht man dieses, stößt man auf luscos ac strabos qui torta luce fruuntur.
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Re: Strabo - Metrik

Beitragvon Zythophilus » So 18. Aug 2024, 20:56

Somit scheint es sich doch um einen eher banalen Lapsus zu handeln, der sich als Folge geringer Griechischkenntnisse ergab. Andererseits könnte eine Stelle wie Serm. I 3,44 doch einem belesenen Mann wie Strabo bekannt gewesen sein, wobei man die Seltenheit von strabus und strabus in der lateinischen Dichtung einberechnen muss.
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Re: Strabo - Metrik

Beitragvon marcus03 » Mo 19. Aug 2024, 07:16

Zythophilus hat geschrieben:Somit scheint es sich doch um einen eher banalen Lapsus zu handeln, der sich als Folge geringer Griechischkenntnisse ergab.

Da fällt mit sofort Augustinus mit seiner falschen Übersetzung des eph ho mit in quo.
Und schon war die fatale und absurde Erbsündenlehre geboren.
Mit der Evolutionslehre hat sich das erledigt.
Mit dem Begriff der strukturellen Sünde gibt es einen diskutablen Ansatz zu Luthers NON PECCARE NON POTEST.

https://de.wikipedia.org/wiki/Erbs%C3%B ... hristentum
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Re: Strabo - Metrik

Beitragvon Zythophilus » Mo 19. Aug 2024, 08:41

Strabo wird zwar ganz gerne mit Ausschnitten aus De cultura hortorum zitiert, wenn jemand seinem sonst eher banalen Werk über Gemüse etc. mit einem mittelalterlichen Autor ein bisschen Glanz verleihen will, sonst aber wenig beachtet. Somit hat der Fehler keine Konsequenzen.
Als seltsam empfinde ich es nur, dass sich dieses Problem nicht in irgendeinem am Rande vorkommenden Wort zeigt, sondern im Namen, der der Autor sich selber gibt.
Graeca poeta minus spectasse uidetur acutus,
ut mihi dicendus sit strabus ille potens.
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Re: Strabo - Metrik

Beitragvon cometes » Mo 19. Aug 2024, 11:33

Dass er ihn sich selbst gibt (und auch noch mit einer Abweichung von dem, was die regula fordert), zeigt doch eine bis heute selbstverständliche Auffassung: Über kein Wort der Sprache gebietet der Sprecher so souverän wie über seinen eigenen Namen. Weicht dieser in Aussprache oder Schreibung von den Erwartungen ab, passen sich selbst in Zeiten strenger Orthoepie und Orthographie die anderen an, statt ihn zu belehren und zu korrigieren. Unter diesem Gesichtspunkt ist Strabos Wahl also weniger seltsam als bei anderen Wortarten.

Was nicht bedeuten soll, dass hier reine Willkür herrschte. Blickt man in ein ahd. Wörterbuch, fällt auf, dass sich in der ersten Silbe der Langvokal häuft: strālen, strāla, strāmilo, strāza … Auch im Lateinischen führt der einzige (?) Kandidat für eine Orientierung strāgēs in diese Richtung. In so einer phonetischen Kulisse, ist die Ausrichtung an der zudem mäßig beherrschten Herkunftssprache kein gesteigerter Wert, scheint die Entscheidung noch weniger merkwürdig.
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Re: Strabo - Metrik

Beitragvon Sapientius » Mi 4. Sep 2024, 07:42

Und schon war die fatale und absurde Erbsündenlehre geboren.
Mit der Evolutionslehre hat sich das erledigt.


Marce, du verbreitest zuviel Langeweile um dich herum, es hat sich nicht nur die Erbsündenlehre erledigt, sondern das Forum, das Latein, ..., "der letzte macht das Licht aus", oder? ...
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Re: Strabo - Metrik

Beitragvon Zythophilus » Mi 4. Sep 2024, 09:00

Man kann natürlich auch theologische Fragen hier diskutieren, aber wen interessiert das heutzutage noch? Die meisten - auch innerhalb der Kirche - verstehen von den Grundfragen so wenig, dass da keine passable Häresie herauskommen kann. Wer behauptet, Jesus sei auch nur ein besonderer Mensch gewesen, wird nicht hören, dass er eine Art Arianismus vertrete, und das selber erst recht nicht bemerken. Wenn man erklärt, dass man für die Armen etc. eintritt, reicht das, alles andere ist sekundär.
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Re: Strabo - Metrik

Beitragvon Zythophilus » Mi 4. Sep 2024, 14:23

Religion besteht eben aus mehreren Aspekten: Nächstenliebe ist ein wichtiger Aspekt, eine Art von Theologie ebenso, dazu noch Spiritualität und Mystik. Ob bzw. wie stark diese Bereiche in einer Religion ausgeprägt sind, kann man diskutieren, aber an diesem Ort geht es um Strabo und die offensichtlich metrisch unkorrekte Handhabung seines Namens durch den Autor selber. Ich muss mich selber am Riemen reißen, weil ich unbedachterweise gegen die Maxime, nur zum Thema Passendes zu posten, verstoßen habe. Wallner und Strabo gehören beide Orden an, wobei Wallner als Zisterzienser zu den weiter entwickelten Benediktinern gehört, Strabo jedoch Benediktiner ist.
Wer Wallner und seine Art zur Diskussion stellen will, kann das unter sonstige Diskussionen in einem neuen Bereich gerne machen. Seit Mystica nicht mehr im Forum aktiv ist, wird das freilich ein eher schwach besuchtes Gebiet bleiben.
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