Imperialismus

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Imperialismus

Beitragvon vulpes » Sa 4. Jan 2014, 15:57

Guten Tag liebe Lateiner,

gibt es im Lateinischen den Ausdruck Imperialismus und wenn ja, wie würde man "Imperialismus betreiben" übersetzenn evtl. mit agere?

Vielen Dank im Voraus!

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Re: Imperialismus

Beitragvon Laptop » Sa 4. Jan 2014, 16:00

Jein. Es ist eine neuere Ableitung von imperium “Befehl, Herrschaft, Vorherrschaft, Reich”, was später im Zuge der römischen Vorherrschaft die Bedeutung “Weltreich, Weltherrschaft” annahm. Ich würde übersetzen mit summum imperium orbis terrarum appetere “nach höchster Gewalt im Erdkreis trachten”. Zugegebenermaßen eine umständliche Umschreibung.
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Re: Imperialismus

Beitragvon vulpes » Sa 4. Jan 2014, 16:22

Ok das klingt schonmal nicht schlecht.
Wenn ich nun den Satz übersetzen wollte: Haben die Römer und andere Völker etwa keinen Imperialismus betrieben?
Ginge dann: Nonne etiam Romani et alii populi summum auctoritatem orbis terrarum appetiverunt?
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Re: Imperialismus

Beitragvon Laptop » Sa 4. Jan 2014, 16:34

vulpes hat geschrieben:Ok das klingt schonmal nicht schlecht.
Wenn ich nun den Satz übersetzen wollte: Haben die Römer und andere Völker etwa keinen Imperialismus betrieben?
Ginge dann: Nonne etiam Romani et alii populi summum auctoritatem orbis terrarum appetiverunt?


Ja, summam auctoritatem oder summum imperium.
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Re: Imperialismus

Beitragvon Prudentius » Sa 4. Jan 2014, 21:24

"imperium" ist Verbalsubstantiv zu imperare, es bezeichnet die Kommandofunktion des römischen Magistrats, also die Befugnis, einem Heer Befehle zu erteilen. Ich glaube, die beiden obersten Magistrate, Konsuln und Prätoren, besaßen des imperium; dann heißt es auch: Bereich, in dem ein rö. Magistrat das imperium ausüben kann. "Imperium Romanum" ist dann das Gebiet, in dem römische Magistrate Befehlsgewalt ausüben können.

"Summum imperium" ist die oberste Befehlsgewalt, die die Konsuln besitzen, sie haben mehr zu sagen als die anderen Kommandeure.

Von einem rö. Imperialismus kann man schwerlich sprechen, denn darunter versteht man einen Wettlauf mehrerer ebenbürtiger Rivalen um die Weltherrschaft, aber nach den Punischen Kriegen, als die Römer überhaupt die Weltbühne betraten, hatten sie gar keine Rivalen mehr.
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Re: Imperialismus

Beitragvon vulpes » So 5. Jan 2014, 00:23

erstmal @Prudentius ich denke, dass man sehr wohl von Imperialismus bei den Römern sprechen kann gängige Definitionen:Ausweitung/Ausdehnung (Expansion) der Herrschaft und des eigenen Macht- und Einflussbereichs; treffen ja zu. Aber ich möchte mich jetzt nicht darum streiten ob oder nicht, da ich dazu zu wenig Fachwissen besitze.

zu novuscolonus: Diese Bezeichnung von Tacitus finde ich sehr treffend und ich danke dir vielmals, dass du mich darauf hingewiesen hast, zumal ich auch schon einmal diese Textstelle übersetzt hatte und ich sie im Kontext sehr passend finde für den Begriff Imperialisten!

Dann noch eine Frage, wenn ich jetzt mit "raptores orbis" einen satz bauen möchte, ginge dann:

Nonne Romani raptores orbis dicere potest.

Meine Übersetzung soll in etwa lauten: Kann man die Römer etwa nicht als Imperialisten bezeichnen?
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Re: Imperialismus

Beitragvon Tiberis » So 5. Jan 2014, 01:20

vulpes hat geschrieben:eine Übersetzung soll in etwa lauten: Kann man die Römer etwa nicht als Imperialisten bezeichnen?

das müsste dann aber heißen:

nonne Romanos raptores orbis appellari licet ?
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Re: Imperialismus

Beitragvon Laptop » So 5. Jan 2014, 03:45

Wobei man auch darauf hinweisen muß, daß in raptor orbis eine negative Wertung steckt, in dt. “Imperialist” indeß nicht, d. h. die Sprachebene ist eine etwas andere. Wenn für den Einsatzzweck Polemik keinen Abbruch tut, kann man das nehmen.
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Re: Imperialismus

Beitragvon Prudentius » So 5. Jan 2014, 10:39

Aber ich möchte mich jetzt nicht darum streiten ob oder nicht


Sehr gut, wir streiten uns nicht, tragen aber unterschiedliche Gesichtspunkte zusammen, um mehr Durchblick zu gewinnen. Bei "raptores orbis" solltet ihr daran denken, dass das aus einem Streitgespräch entnommen ist, eine Parteimeinung; ich glaube in Ciceros De re p. ist ausführlich auf das Für und Wider dieser Frage eingegangen, es hat auch einen bahnbrechenden Aufsatz dazu gegeben, Harald Fuchs, "Der geistige Widerstand gegen Rom in der antiken Welt", Basel 1938.

Zur römischen Expansionspolitik: Die Römer hatten ein enormes Sicherheitsbedürfnis, es gab traumatische Ereignisse, die lange Schatten warfen: Der frühe Galliersturm, Rettung im letzten Moment durch die kapitolinischen Gänse, "Vae victis" mussten sie sich sagen lassen, der Vorstoß der germanischen Kimbern und Teutonen ca. 120 v.Chr., der Rom schlecht vorbereitet traf. Cäsars Eroberung Galliens ist in diesem Kontext zu sehen; Pompejus schuf im östl. Mittelmeergebiet eine Reihe von Klientelstaaten, Großmächte brauchen so ein Glacis, König Herodes wäre zu nennen (Mubarak in Ägypten war vergleichbar).
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Re: Imperialismus

Beitragvon consus » So 5. Jan 2014, 11:11

Vielleicht sollte man hier beim Nachdenken über das, was man zuweilen meint mit dem modernen Begriff Imperialismus bezeichnen zu dürfen, auch Verg. Aen. 6, 851-853 nicht ganz außer Acht lassen:
tu regere imperio populos, Romane, memento
(hae tibi erunt artes), pacisque imponere morem,
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Re: Imperialismus

Beitragvon Tiberis » So 5. Jan 2014, 13:41

richtig. in diesen berühmten versen manifestiert sich ja das sendungsbewußtsein, der göttliche auftrag, der zur begründung und rechtfertigung der expansion herangezogen wird. die parallelen zum amerikanischen imperialismus sind dabei nicht zu übersehen, auch hier spielt sendungsbewußtsein eine entscheidende rolle. übrigens ist es wohl kein zufall, dass auf der 1- dollar-note Vergil gleich zweimal zitiert wird. :roll:
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Re: Imperialismus

Beitragvon Laptop » So 5. Jan 2014, 17:01

Ich denke, der durch die Zeiten hinweg zu beobachtende Expansionsdrang einer Hegemonialmacht stützt sich vielmehr auf das dem Menschen innewohnende Streben sich schützen zu müssen vor denen, die sich zur Wehr setzen, wenn man sie angreift. 8)
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