apiaster

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Re: apiaster

Beitragvon Zythophilus » Fr 26. Sep 2014, 10:15

Wenn man, wie es im OLD geschieht, apiastrum von apium herleitet - auch für apium gibt es die Erklärung, dass es eine bei Bienen beliebte Pflanze sei -, dann fragt sich doch, warum gerade die Melisse, die ja eindeutig nach der Biene heißt, eine Art "wilde Sellerie", was apiastrum in diesem Fall heißen müsste, sein soll. Besondere Ähnlichkeit haben diese Pflanzen nicht, es wäre lediglich die einmal postulierte Beliebheit bei den Insekten.
Caue, ne nimium apii uoras, ne ueneno eius pereas.
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Re: apiaster

Beitragvon Zythophilus » Fr 26. Sep 2014, 10:41

Zwei Adjektive, die dem postulierten apiaster sehr ähnlich sind, habe ich entdeckt: asinastra (ficus) - andere Formen dieses Adjektivs gibt es nicht - und porcastrum, das allerdings auch nur im Neutrum als Pflanzenname vorkommt. Sonst scheint mir das Sufix -aster immer für Wildform und Unechtes zu stehen.
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Re: apiaster

Beitragvon sinemetu » Fr 26. Sep 2014, 14:19

consus hat geschrieben:[
Im Übrigen entbehrt es nicht eines gewissen Reizes zu lesen, was Plinius d. Ält. (nat. 10, 99) schreibt:
Nec vero iis minor sollertia, quae cunabula in terra faciunt corporis gravitate prohibitae sublime petere. Merops vocatur genitores suos reconditos pascens, pallido intus colore pinnarum, superne cyaneo, priore parte subrutilo. Nidificat in specu sex pedum defossa altitudine.
Was sich allerdings die Alten beim Namen merops gedacht haben, das liegt für mich immer noch im Dunklen, es sei denn, dass man in dem von Plinius verwendeten Begriff sollertia einen gewissen Hinweis erkennen will, wird doch das griechische Adjektiv μέροψ im Sinne von denkend, sinnend gedeutet (vorausgesetzt, man vertraut der Angabe im Gemoll, 9. Aufl. Wien 1965, Anhang, S. 844).


Die Pliniusstelle ist übrigens eine schöne Beschreibung. Daß sie allerdings corporis gravitate verhindert sind, sublime petere, kann ich nicht bestätigen, sie gaukeln regelrecht in der Luft, habe sie oft auf der Donau und auch auf gewissen Adriainseln beobachtet. Im Ungarischen heißen sie übrigens Gyurgyalag, daß heißt ZUFUSSKNETER, womit wohl der Lehm gemeint, qua cunabula faciunt terra. Ist sub.rutilo nicht eher rostbraun.

http://www.youtube.com/watch?v=cRAoNLVcKJk
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Re: apiaster

Beitragvon iurisconsultus » Fr 26. Sep 2014, 23:58

consus hat geschrieben:Was sich allerdings die Alten beim Namen merops gedacht haben, das liegt für mich immer noch im Dunklen, es sei denn, dass man in dem von Plinius verwendeten Begriff sollertia einen gewissen Hinweis erkennen will, wird doch das griechische Adjektiv μέροψ im Sinne von denkend, sinnend gedeutet (vorausgesetzt, man vertraut der Angabe im Gemoll, 9. Aufl. Wien 1965, Anhang, S. 844).

Der Vogelname merops kommt wohl aus der griechischen Mythologie (vgl nur http://books.google.at/books?id=eCjDF4- ... CCgQ6AEwAg).

Was der Name merops bedeuten soll, ist eine gute Frage. Im Lemery-Lexicon heißt es dazu, leider ohne Quellenangabe (http://www.zeno.org/Lemery-1721/A/Merops)
Merops soll soviel heissen, als μείρει ὄπα, dividit vocem, er theilet die Stimme.
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Re: apiaster

Beitragvon Zythophilus » Sa 27. Sep 2014, 13:43

Meine These zu apiaster u.ä. ist die folgende: Zunächst war aster,-ra,-rum ein Suffix, mit dem man Adjektive von Substantiven bilden konnte. Davon sind nur wenige, selber zu Substantiven gewordene Formen übergeblieben. Das Suffix ändert allerdings seine Bedeutung mit der Zeit etwas: Hängt man es nun an ein Substantiv, so bedeutet es eine unvollkommene, unechte oder wilde Form des Grundbegriffes. So ist das Suffix auch in klassischer Zeit noch produktiv, man denke an Antoniaster.
apiastrum könnte man natürlich als Ableitung von apium verstehen, was mir aber unwahrscheinlich vorkommt. apiastra leitet ein Römer wie Servius jedenfalls von apis ab. Der Bienenfresser passt auch nicht zur Sellerie. Laut OLD wäre es ja ein unerkannter Selleriefresser.
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Re: apiaster

Beitragvon Zythophilus » Sa 27. Sep 2014, 15:29

Natürlich ist Merops eine Figur aus der griech. Mythologie, sogar mehrere Gestalten tragen diesen Namen, aber der von dir, o iuris consulte, ins Spiel gebrachte König von Kos wird in einen Adler verwandelt, nicht in einen Bienenfresser. Die Verwandlung in einen solchen wäre übrigens eine nette Metamophose.
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Re: apiaster

Beitragvon iurisconsultus » Sa 27. Sep 2014, 15:56

Zythophilus hat geschrieben:aber der von dir, o iuris consulte, ins Spiel gebrachte König von Kos wird in einen Adler verwandelt, nicht in einen Bienenfresser.

Ich weiß, o optime Zythophile, und meropis wurde in eine Eule verwandelt, ihre Schwestern in nicht näher konkretisierte Vögel. Eine dieser Metamorphosen wird dennoch Pate gestanden haben, da man einen Bienenfresser in der griechischen Mythologie wohl vergeblich suchen wird.

Möglicherweise hat man sich aber auch einer Fabel Lessings bedient (vgl http://books.google.at/books?id=jGEbAgA ... CCEQ6AEwAw). Die ist aber wahrscheinlich zu jung.
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Re: apiaster

Beitragvon consus » Sa 27. Sep 2014, 16:46

Allen Vogelfreunden einen Gruß zuvor!
Der schöne Merops, vulgo Immenvogel oder Bienenfresser, lässt mir keine Ruhe: Was hat es mit diesem Namen μέροψ denn eigentlich auf sich? Aufklärung scheine ich nun endlich im Griechischen Etymologischen Wörterbuch von Hjalmar Frisk (Heidelberg 1954-1972) gefunden zu haben, und zwar unter dem Stichwort μέροπες*; denn dort lesen wir Folgendes:
Der Vogel wurde … nach den in Erdhöhlen wohnenden Meropes von Kos benannt.
Das passt gut zur Angabe bei Plinius (a.a.O.): Nidificat (sc. merops] in specu sex pedum defossa altitudine. Von einem König Merops auf der Insel Kos erfahren wir z. B. etwas in dem von Goethe so geschätzten Gründlichen mythologischen Lexicon von Benjamin Hederich (Leipzig 1770, Nachdruck Darmstadt 1996, Sp. 1606). Merops soll auch den Einwohnern besagter Insel den Namen Meropen gegeben haben. Über Höhlen auf Kos gibt wohl jeder Reiseführer Auskunft.
_____________________________________________________________
* Auch im Netz: https://archive.org/stream/hjalmar/frisk#page/n1181/mode/2up
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Re: apiaster

Beitragvon consus » Sa 27. Sep 2014, 17:23

Addendum:
Merope: Name für die Insel Kos, cf. Plin. nat. 5, 134.
Μέροπες: Name ihrer ältesten Einwohner, cf. Hom. h. Ap. 42.
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Re: apiaster

Beitragvon iurisconsultus » Sa 27. Sep 2014, 17:41

consus hat geschrieben:Der Vogel wurde … nach den in Erdhöhlen wohnenden Meropes von Kos benannt.

Versteh ich das richtig? Die Einwohner der Insel Meropis (Kos), die Meroper, wohnten in unterirdischen Erdhöhlen wie die nach ihnen benannten Vögel?
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Re: apiaster

Beitragvon consus » So 28. Sep 2014, 10:09

iurisconsultus hat geschrieben:...Versteh ich das richtig? Die Einwohner der Insel Meropis (Kos), die Meroper, wohnten in unterirdischen Erdhöhlen wie die nach ihnen benannten Vögel?
Ja, so ist es, Iurisconsulte, wobei ich freilich einschränkend hinzufüge, dass vermutlich nicht alle Meroper Troglodyten waren. Vielleicht erhalten wir von den Speläologen unter uns einige Auskunft über die Höhlen von Kos und deren frühere Bewohner, nach denen jene in Kolonien lebenden und lange Gänge in Erdhänge grabenden Vögel schon von den Alten (u.a. Aristoteles, hist. an. 615b25) meropes benannt wurden.
Im Übrigen verdient die plausibel klingende Aussage in Frisks etymolog. Wörterbuch so lange Anerkennung, bis es einem Kundigeren gelingt, sie zu falsifizieren.
Sonnige Herbstgrüße vom Rhein an die Donau!
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Re: apiaster

Beitragvon iurisconsultus » So 28. Sep 2014, 11:19

Optime conse, zumindest mich überzeugt diese These völlig. Und da uns Helios heute gewogen ist, müssen wir uns nicht (in eine Erdhöhle) verkriechen. :-D

Sonnige Herbstgüße zurück an den Rhein!
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Re: apiaster

Beitragvon Zythophilus » So 28. Sep 2014, 15:03

Antra fuisse domus Cois audiuimus olim.
An cibus his fuerit sedula, miror, apis.
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Re: apiaster

Beitragvon sinemetu » So 28. Sep 2014, 22:26

Vielen Dank allen Beitragenden, besonders Dir, alter Gott, der Du die plausibelsten Antworten beibrachtest. Möge Mercur deinem Hirne und Herzen lange gewogen sein.
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Re: apiaster

Beitragvon Zythophilus » So 28. Sep 2014, 23:10

Vielleicht wurden die Bewohner von Kos aber auch nach den Vögeln benannt?
Es gibt Höhlen auf der Insel, aber die bedeutendste mit urgeschichtlichen Funden dürfte in der Antike nicht bekannt gewesen sein. Ist vielleicht gemeint, dass sich die alten Koer selber ihre Wohnhöhlen gruben?
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