Ørberg, LL II Frage

Korrektur und Hilfestellungen bei Übersetzungen für die Schule und das Leben sowie deutsch-lateinische Übersetzungen für Nichtlateiner

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Ørberg, LL II Frage

Beitragvon iurisconsultus » Do 15. Jan 2015, 18:36

Salvete!

Da ich seit knapp vier Monaten Übernahmewerber zum Richteramt am Landesgericht Linz bin, waren Mußestunden für Latein in letzter Zeit kaum vorhanden, sodass ich auch in diesem Forum nicht einmal mehr Zaungast war. Ich hoffe, man kennt mich hier noch. ;) Als ich mich jedenfalls heute wieder einmal dem Latein widmen konnte, rächte sich das sofort. Bei der Apposition des folgenden, eigentlich einfachen Satzes bin ich mir unsicher:
Multi oratores illustres in Rostra ascenderunt, ut orationes ad populum haberent, neque vero haec Rostra sunt unde M. Tullius Cicero, orator omnium qui Romae fuerunt illustrissimus, orationes habuit, ...

Meine Übersetzung:
Viele berühmte Redner bestiegen die "Rostra" (Rednerplattform), um Reden an das Volk zu halten. Es war aber nicht diese "Rostra", wo M. Tullius Cicero, ein Redner, der in Rom vor allen der berühmteste gewesen war (genitivus obiectivus?), seine Reden hielt, ...

Das müsste stimmen, oder? ;)

Addendum: Wenn man sich einen möglichst großen Fundus klassischer lateinischer Werke mit Gegenüberstellung einer brauchbaren deutschen Übersetzung zulegen wollte und einem die Sammlung Tusculum dafür etwas zu teuer ist, würdet ihr dann auf die Reclam-Ausgaben zurückgreifen oder gibt es besser Alternativen? ;)

Vielen Dank für eure Hilfe!

Valete
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Re: Ørberg, LL II Frage

Beitragvon marcus03 » Do 15. Jan 2015, 18:47

...Cicero, der berühmteste aller Redner (gen. partit.) , die es (jemals) in Rom gab, ...

unde: von wo aus / von der aus
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Re: Ørberg, LL II Frage

Beitragvon iurisconsultus » Do 15. Jan 2015, 18:54

Ahhh, gen. part.; ja, das macht bedeutend mehr Sinn. ;)

Gratias tibi ago marce!
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Re: Ørberg, LL II Frage

Beitragvon marcus03 » Do 15. Jan 2015, 19:02

Gaudeo me tibi subvenire potuisse.

Iudicis locum mox obtineas, iudex bonus tuo munere fungaris nullosque nisi perpaucos vere improbos condemnare debeas! ;-)
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Re: Ørberg, LL II Frage

Beitragvon Laptop » Sa 17. Jan 2015, 00:59

Die dt. Hyperlative (oder besser: Elative? Superlative?) “aller..” sind Lehnübersetzungen von lat. omnium. Man stellt nur um: optimus omnium = allerbeste.
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Re: Ørberg, LL II Frage

Beitragvon iurisconsultus » Sa 17. Jan 2015, 18:41

Danke auch dir Laptop für die Ergänzung!

Darf ich vielleicht noch auf meine zweite Frage hinweisen. Ich bin auf der Suche nach einer sinnvollen Investition für meine Thalia-Gutscheine, die mir das Christkind geschenkt hat. ;)
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Re: Ørberg, LL II Frage

Beitragvon Prudentius » Sa 17. Jan 2015, 18:43

orator, qui


"ein Redner, der", sehr verführerisch, sofort verzeihlich für den hoffnungsvollen Richteramtsbewerber :) , es kann Nom. Sing. oder Pl. sein; das Prädikat ist aber Pl., fuerunt, also musst du es auf omnium beziehen: "der glänzendste Redner von allen, die es in Rom gab".

Rostra, das ist ein historisches Kuriosum, "Schiffsschnäbel", von rodere, Beutestücke von einem Seesieg Roms aus früher Zeit, die dort aufgestellt waren; es ist ein Pluralwort, naturgemäß.

"Genitivus objectivus": nur bei von transitiven Verben abgeleiteten Substantiven, wie z.B. "amor patris", von amare.

Für den Rechtskundigen gibt es ja bei uns viele interessante Dinge; der berühmteste Jurist aus unserer Sparte war wohl Theodor Mommsen, bekannt für seine römische Geschichte, und als Cicero-Verächter :-D ; ein Standardwerk ist sein "Römisches Staatsrecht".

"Linz" ist für die d. Zunge eine Herausforderung, wir haben ja ein Zungenspitzen-L, aber Linz muss man mit stark gewölbter Zunge aussprechen, das gelingt nicht so ohne weiteres :-D .

lgr. P. :)
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Re: Ørberg, LL II Frage

Beitragvon iurisconsultus » Sa 17. Jan 2015, 19:52

sofort verzeihlich für den hoffnungsvollen Richteramtsbewerber :)
Viel zu viel der Ehre hoch geschätzter Prudentius :oops:
"Genitivus objectivus": nur bei von transitiven Verben abgeleiteten Substantiven, wie z.B. "amor patris", von amare.
Vielen Dank, das werde ich mir (hoffentlich) merken.
der berühmteste Jurist aus unserer Sparte war wohl Theodor Mommsen
Für Zivilrechtler (wie mich ;)) eine noch größere Rolle spielt Friedrich Mommsen, der mit Theodor meines Wissens nicht verwandt war, der in seinem Werk "Zur Lehre von dem Interesse" (1855) aus dem römischen Privatrecht die im österreichischen und deutschen Schadenersatzrecht übernommene "Interessentheorie" oder "Differenzhypothese" schöpfte, die heute allerdings für verschiedene Fallgruppen durch die synonymen Schlagwörter "abstrakte Schadensberechnung" (Österreich) bzw. "normativer Schadenbegriff" (Deutschland) durchlöchert ist.

Für Latein- und Rechtsinteressierte wärmsten zu empfehlen ist auch das zweibändige Werk aus den 70er-Jahren von Max Kaser, Das römische Privatrecht. Es ist nach wie vor das unangefochtene Standardwerk für das römische Privatrecht und ein wahrlich unerschöpflicher Fundus an Quellen. Der durchschnittliche (österreichische) Jusstudent kennt es allerdings höchstens dem Namen nach durch das davon abgeleitete Kurzlehrbuch. ;)

LG
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Re: Ørberg, LL II Frage

Beitragvon Prudentius » So 18. Jan 2015, 11:50

Die dt. Hyperlative (oder besser: Elative? Superlative?) “aller..” sind Lehnübersetzungen von lat. omnium. Man stellt nur um: optimus omnium = allerbeste.


Hallo Laptop,

wie meinst du das? Also "alle" ist ein Adjektiv, oder Indefinitpronomen, oder Pronominaladjektiv, wenn man so will; aber es ist kein Superlativ o. dgl.; es ist aber ein logischer Bedeutungsträger, es bezeichnet den "Allquantor"....

Als Lehnübersetzung würde ich das nicht bezeichnen, da es ja nicht speziell mit dem L. zu tun hat; der Superlativ bezeichnet eine Grenze, oder Maximum, kann man sagen; man stelle sich eine Statistik-Kurve vor: dann kann das Maximum den absoluten Gipfelpunkt bezeichnen, dann ist er der "allerhöchste Wert", oder man greift einen Abschnitt heraus, dann gibt es das "relative Maximum", für einen einzelnen Monat betrachtet.
Beim Superlativ muss man also auf den Bereich achten, auf den er sich bezieht.
Die Übersetzung mit aller- ist zwar sonst zu empfehlen, hier aber nicht, da sich der folgende Relativsatz nur auf "alle" bezieht, nicht aber auf "berühmteste".

ein Redner, der in Rom vor allen der berühmteste gewesen war


hallo iurisconsulte, noch ein kleine Bemerkung, vllt. allgemein interessant: wir gebrauchen beim Superlativ den bestimmten, beim Komparativ den unbestimmten Artikel; "Nenne eine größere Zahl als 3!", aber "Nenne die größte einstellige Zahl!".
Du solltest also sagen: "der Redner, der...".

lgr. P. :)
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Re: Ørberg, LL II Frage

Beitragvon iurisconsultus » Fr 23. Jan 2015, 15:17

Wenn es mir erlaubt ist, würde ich noch eine Frage zu dem Werk anschließen. An einer Stelle heißt es:
In hortis Neronis ... stagnum arte factum erat ...

Das soll also heißen: In Neros (anspruchsloser ;)) Gartenanlage war ein künstlich angelegter See. Der ablativus qualitatis arte erscheint mir hier aber irgendwie, im wahrsten Sinne des Wortes "künstlich": ein mit der Eigenschaft "künstlich" angelegter See? Oder spielt mir hier mein auf Deutsch konditioniertes Sprachzentrum einfach nur einen Streich? ;)

Valete
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Re: Ørberg, LL II Frage

Beitragvon Prudentius » Sa 24. Jan 2015, 09:21

Salve Marce,

den Abl. hast du nicht richtig eingeordnet, es ist nicht qual., sondern instrumentalis: "womit/wodurch hergestellt?", durch Kunst, sachgerechten Eingriff in die Natur, Dammaufschüttung; "künstlich angelegter See" oder einfach "künstlicher See". Das Wort ars wurde ja nicht nur im musischen Sinne verwendet.
Man kann auch einfach sagen: "ein künstlicher See".

"Artefakten" haben wir ja auch als Fremdwort, im Gegensatz zu Naturprodukten.

Der Abl. qual. stellt auch einen anderen Satzteil dar als der instr.: "vir magna gratia", ein Mann von großem Einfluss: Attribut; aber hier: künstlich hergestellter See, adverbiale Bestimmung.

lgr. P. :)
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Re: Ørberg, LL II Frage

Beitragvon iurisconsultus » Sa 24. Jan 2015, 10:27

Salve Prudenti,

erneut herzlichen Dank. Damit hast du mich wieder einmal einiges gelehrt. Schönes Wochenende!

LG
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Re: Ørberg, LL II Frage

Beitragvon Medicus domesticus » Sa 24. Jan 2015, 10:47

iurisconsultus hat geschrieben:Addendum: Wenn man sich einen möglichst großen Fundus klassischer lateinischer Werke mit Gegenüberstellung einer brauchbaren deutschen Übersetzung zulegen wollte und einem die Sammlung Tusculum dafür etwas zu teuer ist, würdet ihr dann auf die Reclam-Ausgaben zurückgreifen oder gibt es besser Alternativen? ;)

Hallo iurisconsulte,
Ich habe mir über Jahre eine lateinische (u.griechische) Bibliothek angelegt. Sie besteht aus Reclam, Loeb Classical Library, Oxford,Teubneriana und Tusculum.
Tusculum ist schon höhere Preisklasse, es kommt auch immer darauf an, was man haben will und wieviele Bände vorliegen. Manches ist schon vergriffen. Reclam ist günstiger, kann sich aber auch summieren, wenn es mehrere Bände sind. Ich persönlich mag die Loeb-Bände am liebsten (Latein-Englisch). Es sind häufig mehrere Reden/Texte in einem Band und die Auswahl ist riesig. Der Preis ist akzeptabel. Außerdem sind es schöne, rote (griechisch:grüne) und gebundene Bücher. Es gibt sie auch in digitalisierter Form.
http://tinyurl.com/6c79a6p
http://tinyurl.com/kolzjdp
Es ist halt eine Liebhaberei sich eine solche Bibliothek anzulegen. Ich habe mir da Jahre Zeit genommen und immer mal wieder etwas dazugekauft.
Schönes WE
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Re: Ørberg, LL II Frage

Beitragvon iurisconsultus » Sa 24. Jan 2015, 11:25

Hallo Medice!

Danke für den Tipp. Das bringt mich schon weiter. Loeb und Teubneriana kannte ich noch gar nicht. Denen werde ich noch ein wenig nachspüren.

Es geht mir primär um Folgendes: Ich besitze zur römischen (griechischen) Mythologie und Geschichte allerlei deutsche Literatur und möchte da häufig gerne die zitierten Quellen selbst nachlesen. Die findet man zwar fast immer im Internet. Da meine Lateinkenntnisse aber bescheiden sind, bin ich mir meiner Übersetzung oft unsicher (siehe meine Fragen in diesem Forum ;)), sodass ich zweisprachige Ausgaben (lat-deu/engl) suche, um dieselbe kontrollieren zu können.

Schönes WE
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Re: Ørberg, LL II Frage

Beitragvon Medicus domesticus » Sa 24. Jan 2015, 12:02

Die Oxford und Teubneriana Ausgaben sind wissenschaftliche Ausgaben mit textkritischen Apparat und nur lateinisch. Nur zur Anmerkung.
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